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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

SKL Glücksatlas 2022

Schleswig-Holstein: Deutschlands Glücksregion Nr. 1

Schleswig-Holstein scheint das Glück gepachtet zu haben. Regelmäßig belegt es einen Spitzenplatz unter den glücklichsten Bundesländern – auch 2022. Zwar kostete die Pandemie auch hier viel Lebenszufriedenheit, aber die Erholung verläuft überdurchschnittlich gut. Die Norddeutschen bleiben mit ihren Familien, der Arbeit und der finanziellen Situation zufriedener als das übrige Deutschland.

Die Schleswig-Holsteiner gehören schon lange zu den glücklichsten Deutschen (Held et al. 2016). Über die letzten zehn Jahre sind sie mit ihrem Leben im Schnitt um 0,38 Punkte zufriedener als der Bundesdurchschnitt. Zur Einordnung: Wenn etwa in einer Region die Arbeitslosenrate von 10 % auf 2 % fällt, dann ist sie 0,38 Punkte glücklicher als zuvor.

Corona traf Schleswig-Holstein hart

Schleswig-Holstein hat einen hohen Anteil an Selbständigen, besonders in Gastronomie und Tourismus (mit 10,2 Prozent an allen Beschäftigten deutschlandweit der höchste Anteil). Es hat viele junge Familien mit drei oder mehr Kindern im Haushalt. Vor Corona sorgten diese Faktoren für ein überdurchschnittliches Wohlbefinden, denn Familien, junge Leute und Selbstständige sind normalerweise glücklicher als andere Bevölkerungsgruppen. In der Corona-Zeit kippten diese Vorteile jedoch in Nachteile um. Schul- und Kitaschließungen sowie dauerhaftes »Homeschooling« und Homeoffice führten zu großer Unzufriedenheit besonders bei Müttern und Jugendlichen. Gerade in großen Familien waren insbesondere in den Phasen starker Einschränkungen (»Lockdowns«) die psychischen Belastungen hoch. Branchen wie Gastronomie und Tourismus wurden durch die Lockdowns besonders in Mitleidenschaft gezogen: Betriebsschließungen, Ausgangssperren, Reiseverbote, Personalmangel, Lieferengpässe. Insgesamt hat die Corona-Pandemie die Norddeutschen mit voller Wucht getroffen: Innerhalb von zwei Jahren – von 2019 (Wert vor der Pandemie) bis 2021 – fiel das Lebensglück von 7,43 Punkten um 0,75 auf 6,68 Punkte (Abbildung 1).

Abbildung 1: Schleswig-Holstein bleibt die Glücksregion Nummer 1 – Corona trifft dennoch hart

Die Schleswig-Holsteiner erholen sich in ihrer Lebenszufriedenheit 2022 auf 7,14 Punkte. Damit sind sie Spitzenreiter in Deutschland. Hinter dem früheren Lebensglück vor Corona von 7,4 Punkten liegt Schleswig-Holstein aber noch deutlich zurück.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2022.

2022 kann sich Schleswig-Holstein wieder auf 7,14 Punkte erholen und liegt damit auf dem gleichen Niveau wie Gesamtdeutschland vor der Corona-Pandemie (Abbildung 1). Allerdings waren die Schleswig-Holsteiner schon mal deutlich glücklicher. In der zweiten Hälfte der 2010er-Jahre erreichten die Norddeutschen Werte im Bereich um die 7,4 Punkte. Die Erholung fiel 2022 überdurchschnittlich gut aus. Ein Blick auf die Bereichszufriedenheiten zeigt aber, dass sich auch in dieser Glücksregion ähnliche Trends wie in Gesamtdeutschland entwickeln. So sinkt die Zufriedenheit mit dem eigenen Einkommen und auch die Freizeit- und Familienzufriedenheit sind noch weit vom Stand von vor der Corona-Krise entfernt.

Einkommenszufriedenheit fällt, Arbeitszufriedenheit nimmt deutlich zu

Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Schleswig-Holsteiner mit ihrem Haushaltseinkommen

Auch in Schleswig-Holstein sinkt inflationsbedingt die Einkommenszufriedenheit – aber weniger stark als in Gesamtdeutschland.

Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die Schleswig-Holsteiner genießen einen leicht überdurchschnittlich hohen Lebensstandard. 40 Prozent der Haushalte haben monatlich mehr als 3.000 Euro netto für Miete, Auto, Lebensmittel, Kleidung etc. zur Verfügung. Im restlichen Deutschland sind »nur« 34,4 Prozent so wohlhabend. Rechnet man die Einkommen auf die einzelnen Haushaltsmitglieder runter, so hat jeder Schleswig-Holsteiner 1.547 Euro im Monat zur Verfügung (Restdeutschland: 1.417 Euro). Kein Wunder also, dass die Norddeutschen mit ihrer finanziellen Situation auch in der Corona-Pandemie mit 7,35 Punkten zufrieden sind (übriges Deutschland: 6,90 Punkte). Und dass, obwohl sie kaum zu den reichsten Deutschen gehören – die Hamburger und Bayern genießen nochmal einen deutlich höheren Wohlstand. 2022 schlägt aber auch in Norddeutschland die Inflation zu: Die Einkommenszufriedenheit sinkt auf 7,04 Punkte und fällt damit wieder auf den Stand von 2018.

Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Schleswig-Holsteiner

Mit 7,87 Punkten sind die Schleswig-Holsteiner mit ihrer Arbeit 2022 besonders zufrieden.

Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die hohe Zufriedenheit mit der Arbeitssituation hielt sich auch während Corona. Sie fiel 2020 auf 7,26 Punkte, stieg aber bereits 2021 wieder auf 7,35 Punkte. 2022 nahm die Arbeitszufriedenheit auf 7,87 Punkte stark zu (Abbildung 3). Mit Ausnahme von 2019 waren die Norddeutschen mit ihrer Arbeit durchgehend zufriedener als Gesamtdeutschland. 2022 sind es sogar 0,78 mehr – ein Rekord.

Die Schleswig-Holsteiner gehören auch zu den Deutschen, die sich um ihre Arbeitssituation die geringsten Sorgen machen. Die Arbeitslosenquote ist mit 5,2 Prozent niedrig und die Work-Life-Balance der Norddeutschen stimmt ebenso: Für Erwerbsarbeit und Haushalt bringen sie täglich 10,3 Stunden auf, die übrige Zeit kann für Freizeit, Schlafen, etc. verwendet werden. In Gesamtdeutschland sind es hingegen 10,9 Stunden, in ostdeutschen Bundesländern gar über 11 Stunden.

Die Lebenszufriedenheit in den Regionen Schleswig-Holsteins

In Schleswig-Holstein scheint die Devise zu gelten: Je weiter im Norden, desto glücklicher. Die Region Schleswig mit der Stadt Flensburg, den Nordfriesischen Inseln und der dänischen Minderheit liegt mit 7,21 Punkten nochmal vor Holstein mit 7,12 Punkten. Schleswig hilft womöglich die Nähe zu Dänemark. Proto und Oswald (2017) konnten zeigen, dass die durchschnittliche Lebenszufriedenheit umso höher ist, je näher man an den besonders zufriedenen skandinavischen Ländern wie Dänemark oder Norwegen liegt. Dänemark gehörte regelmäßig zu den glücklichsten Ländern der Welt und landete auch 2022 auf Platz 2 (Platz 1: Finnland, Deutschland lag im weltweiten Vergleich auf Platz 14). Offenbar ist die Lebensart der Skandinavier, ihre Hygge-Mentalität, ein wichtiger Faktor für deren hohes Lebensglück. Die klimatischen Bedingungen können es zumindest nicht sein.

Abbildung 4: Schleswig nochmal glücklicher als Holstein

Die Schleswiger sind mit 7,21 nochmal ein Stück glücklicher als die Holsteiner (7,12). Im deutschlandweiten Glücksvergleich sind aber beide Regionen an der Spitze.


Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2022.

Familienglück erholt sich, Freizeitglück stagniert

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Schleswig-Holsteiner mit ihrem Familienleben

Das Familienglück ist in Schleswig-Holstein hoch – Corona brachte nur eine kleine Delle.

Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die Schleswig-Holsteiner sind mit ihrem Familienleben seit jeher zufriedener als Gesamtdeutschland. Mit 8,04 Punkten liegen sie auch 2022 0,52 Punkte vor dem Rest der Republik. Vor Corona lagen die Werte etwa 0,2 bis 0,3 Punkte auseinander.

Zwei Besonderheiten machen den Unterschied in Schleswig-Holstein: Erstens leben auffallend viele Familien in Schleswig-Holstein in einem ländlichen geprägten Milieu mit einer mittelgroßen Stadt (Flensburg, Lübeck, Kiel, Neumünster) in der Nähe. So können viele Familien die Vorteile von Land (Vereine, kleine Schulklassen, Sicherheit) und Stadt (Arbeitsplätze, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten) miteinander verbinden. Zweitens sind zwei Drittel der Schleswig-Holsteiner verheiratet und/oder leben mit einem Partner zusammen. Im Bundesschnitt sind es »nur« 61 Prozent. Familien sind im Schnitt zufriedener als Alleinerziehende oder Singles. Bemerkenswert ist, dass die Familienzufriedenheit so hoch ist, obwohl hier in Familien mit mehreren Kindern überproportional oft beide Elternteile berufstätig sind.

Abbildung 6: Die Zufriedenheit der Schleswig-Holsteiner mit ihrer Freizeit

Schleswig-Holstein erlebte während Corona geringere Einbußen des Freizeitglücks. Dafür ist aber 2022 die Erholung weniger stark.

Anmerkungen: Freizeitzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Schleswig-Holstein konnte seine hohe Zufriedenheit mit dem eigenen Freizeitleben während Corona besser »halten« als andere Teile Deutschlands (Abbildung 6): Das Land kam mit 5,96 Punkten relativ gut davon. Das liegt einerseits an der Nähe zu Nord- und Ostsee und dem hohen Anteil an Naturlandschaften – im Lockdown waren das Ausgleichsräume, die Großstädtern nicht so zur Verfügung standen. Eine gewichtige Rolle spielten sicherlich auch die vergleichsweise geringeren Einschränkungen durch die Landesregierung in Kiel. Dafür fällt nun auch die Erholung schwächer aus: Mit 6,32 Punkten sind die Norddeutschen 2022 sogar leicht unzufriedener als Gesamtdeutschland (6,51 Punkte). Das wird sich aber wieder einpendeln.

Stärken

Heben die Lebenszufriedenheit

  • Das norddeutsche Lebensgefühl – auch »Hygge« genannt.
  • Gute Gesundheit: Geringer Body-Mass-Index, weniger psychische Erkrankungen.
  • Zufriedenstellendes Einkommen

Schwächen

Senken die Lebenszufriedenheit

  • Bevölkerung altert
  • Teils hohe Armutsgefährdung in Teilen Holsteins (z.B. in Kiel und Lübeck)

Mecklenburg-Vorpommern ist im Bundesländer-Glücksranking 2022 mit 6,35 Punkten Schlusslicht. Vor allem die Zufriedenheit mit der Arbeit und dem Einkommen, die früher gut war, ist durch Corona gefallen. Jetzt kommt die steigende Inflation dazu. Glücklich sind die Menschen hier aber mit der Freizeit und den wunderschönen Naturlandschaften.

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