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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

Konsum / Zeitverwendung

Macht Konsum glücklich?

Je höher der Lebensstandard, desto zufriedener sind wir mit unserem Leben. Das spricht erstmal für den Konsum. Aber Vorsicht: Weil wir vom „Konsumglück“ oft zu viel erwarten, werden wir oft enttäuscht – und übertriebene Ansprüche machen unglücklich.

Wenn wir »konsumieren«, dann verbrauchen wir etwas: Wir essen, trinken, tragen Kleidung oder bewohnen ein Haus. Diese Art des Konsums befriedigt Grundbedürfnisse und trägt grundlegend zur Lebenszufriedenheit bei. Deshalb sind Hunger und Obdachlosigkeit absolute Unglücksbringer. Länder mit großer Armut sind entsprechend unglücklich: In Sambia zum Beispiel liegt die durchschnittliche Lebenszufriedenheit derzeit bei 3,8 Punkten (Skala von 0 bis 10), in Deutschland liegt sie im Vergleich bei 6,7.

Konsumprodukte dienen uns aber immer auch zur Demonstration unseres Status in der Gesellschaft: Wir ziehen in ein besseres Viertel, wir tragen eine teure Uhr, wir gehen mit der Mode. Der Statuswettbewerb ist ein Nullsummenspiel: Was die einen gewinnen, müssen die anderen verlieren. Es können nicht alle im Villenviertel wohnen. Dieses Nullsummenspiel gleicht einer Tretmühle, denn es gibt im Statuswettbewerb mit Konsumprodukten keine Grenze nach oben. Von daher ist zu erwarten, dass zusätzlicher Konsum nur bescheidene Zugewinne in der Lebenszufriedenheit bringt. Sind die Grundbedürfnisse erst einmal befriedigt, dann löst der Kauf eines neuen Elektroautos oder eines iPhones zwar einen kurzen »Glückskick« aus – die Lebenszufriedenheit steigt aber nur noch marginal.

Positiver Zusammenhang zwischen Konsum und Lebenszufriedenheit

Abbildung 1 zeigt den positiven Zusammenhang zwischen höheren Konsumausgaben und höherer Lebenszufriedenheit. Wer monatlich etwa 1.000 Euro für Wohnen, Kleidung, Nahrungsmittel, Urlaube, Mobilität usw. ausgibt, liegt im Durchschnitt bei 7,25 Punkten (Stand 2019). 1.000 Euro sind nicht viel. Da wird grundsätzlich im Discounter eingekauft und das Zuhause dürfte eine 2-Zimmer-Wohnung in einem 1960er-Jahre Bau sein. Der deutsche Durchschnitt liegt bei 1.700 Euro monatlichen Konsumausgaben pro Kopf (Stand 2018). Wer sich ein deutsches „Durchschnittskonsumleben“ leistet, liegt im Lebensglück im Vergleich zum »1.000-Euro-Konsumleben« immerhin um 0,08 Punkte höher (7,33 Punkte) (Abbildung 1). Sehr viel ist das nicht.

Abbildung 1: Monatliche Konsumausgaben pro Kopf und die allgemeine Lebenszufriedenheit

Je höher die monatlichen Konsumausgaben, desto zufriedener sind wir. Allerdings fällt der Glückszuwachs nur gering aus: Ein dreimal so hoher Konsum (z.B. 3.000 Euro im Vergleich zu 1.000 Euro im Monat) geht gerade mal mit einer um 0,17 Punkten höheren Lebenszufriedenheit einher.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2019, Statistisches Bundesamt 2020 (Pressemitteilung Nr. 089), eigene Berechnungen.

*Durchschnitt entspricht dem Wert von 2018.
**Monatliche Konsumausgaben pro Kopf beinhalten sämtliche Ausgaben der Lebenshaltung: Wohnen, Nahrung, Kleidung, aber auch Ausgaben für Urlaube, Möbel, PKWs, usw.

Bei Konsumausgaben von 3.000 Euro monatlich bewegt man sich weit in der oberen Mittelschicht. Dennoch fällt der Glückszuwachs im Vergleich zum Durchschnitt eher mau aus – nur 0,09 Punkte gewinnt man hinzu, obwohl mit so einem Konsumbudget mehrere Urlaube pro Jahr und eine eigene Immobilie möglich sind.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Konsum tatsächlich glücklicher macht. Der Zuwachs an Zufriedenheit ist aber gering und sinkt mit zusätzlichen Konsumausgaben. Von 1.000 auf 2.000 Euro steigt das Glück noch um 0,11 Punkte, von 2.000 auf 3.000 Euro nur noch um 0,06 Punkte. Außerdem ist Konsum im Vergleich zu anderen Glücksfaktoren kein wesentlicher Glücksbringer: Eine erfüllte Partnerschaft bringt 0,4 Punkte und wer bei guter Gesundheit ist (im Vergleich zu mittelmäßiger Gesundheit), gewinnt sogar 0,72 Punkte hinzu.

Die Erwartungen an das Gekaufte sind zu hoch

Warum bringt uns zusätzlicher Konsum aber nur so wenig zusätzliches Glück? Eine Begründung liegt darin, dass wir zu hohe Erwartungen an das Gekaufte haben. Wenn wir kurz vor dem Erwerb eines Autos oder einer Immobilie nach unseren Erwartungen gefragt werden, sind wir euphorisiert: Wir freuen uns auf das zukünftige Eigentum und bewerten dieses auf einer emotionalen Ebene. Allerdings sind die Erwartungen oft zu hoch: Werden wir nach dem Erwerb nach unserer Lebenszufriedenheit gefragt, liegt diese deutlich unterhalb der zuvor erwarteten Höhe der Lebenszufriedenheit. Die Psychologen Kahneman und Thaler (2006) würden dies so ausdrücken: Das erwartete Glück ist höher als das erfahrene Glück.

Abbildung 2: Der Erwerb von Wohneigentum führt zu Überschätzung der zukünftigen Lebenszufriedenheit

Käufer von Wohneigentum überschätzen dessen Wirkung auf die zukünftige Lebenszufriedenheit: Wer 0 bis 4 Monate nach dem Umzug in das gerade gekaufte Haus nach einer Prognose des Lebensglücks in fünf Jahren gefragt wird, strotzt nur so vor Zuversicht – allerdings unbegründet: Denn nach fünf Jahren liegt die Lebenszufriedenheit um 0,3 Punkte niedriger als erwartet.

Quelle: Angelehnt an Odermatt und Stutzer 2020: 12f.

Abbildung 2 zeigt das Ausmaß der Fehleinschätzung. Die Autoren Odermatt und Stutzer (2020) verglichen die erwartete Lebenszufriedenheit kurz vor dem Erwerb eines Hauses mit der später dann tatsächlich eingetretenen Lebenszufriedenheit. Die Personen wurden einige Monate (4 bis 0 Monate) vor dem Erwerb des Hauses nach ihrer erwarteten Lebenszufriedenheit in fünf Jahren gefragt.

Die Interviewten gaben also an, was sie glauben, wie hoch ihre allgemeine Lebenszufriedenheit – auf der Skala von null (»da werde ich todunglücklich sein«) bis zehn (»da werde ich hochzufrieden sein«) – in fünf Jahren sein wird. Fünf Jahre später – und damit fünf Jahre Wohnen in dem neuen Haus – wurden die gleichen Personen nach ihrer augenblicklichen Lebenszufriedenheit gefragt. Sie überschätzen den Glückszuwachs durch den Kauf des Hauses im Schnitt um 0,25 Punkte.

Ansprüche an den Lebensstandard etwas zu senken, steigert die Zufriedenheit

Indem wir unsere Anspruchshaltung reduzieren, können wir unser Risiko einer Fehleinschätzung etwas verringern. 2018 befragte das Sozio-Oekonomische Panel die Interviewten: »Was ist für Sie ein gutes Haushaltseinkommen, bezogen auf Ihre Ansprüche?«. Abbildung 3 differenziert zwischen Menschen mit über- und mit unterdurchschnittlichen Ansprüchen: Überdurchschnittliche Ansprüche hat jemand, der angibt, dass ein mehr als durchschnittliches Haushaltseinkommen (2018: 3.661 Euro netto pro Monat) für ihn »ein gutes Haushaltseinkommen sei«. Unterdurchschnittliche Ansprüche hat jemand, der Einkommen angibt, die darunter liegen.

Abbildung 3: Ansprüche und Zufriedenheit*

Bescheidenheit macht glücklich: Personen, die ein unterdurchschnittliches Einkommen bezogen auf ihre Ansprüche als ein »gutes Einkommen« bezeichnen, sind mit ihrem Lebensstandard um 0,13 Punkte zufriedener und mit ihrem Leben um 0,05 Punkte zufriedener als Personen, die ein überdurchschnittliche Einkommen als »gutes Einkommen« bezeichnen.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2018, eigene Berechnungen.

*Ergebnisse einer OLS-Regression unter Kontrolle zahlreicher verzerrender Einflüsse wie Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand, Einkommen etc.
**Überdurchschnittliche Ansprüche = Subjektives »gutes Einkommen« liegt über dem deutschen Durchschnittseinkommen.

Es zeigt sich: Die »bescheidene« Gruppe (entspricht 32 Prozent der Befragten) gibt mit 7,29 Punkten eine deutlich höhere Zufriedenheit mit dem eigenen Lebensstandard an als die »anspruchsvolle« (7,16 Punkte, 68 Prozent der Befragten). In der Lebenszufriedenheit liegen beide Gruppen um 0,05 Punkte auseinander. Niedrigere Ansprüche machen also glücklicher. Man entlastet sich von übergroßen Erwartungen an das eigene Leben. Statt sich als Getriebener einer sich ständig beschleunigenden Konsumwelt zu fühlen, führen etwas geringere Ansprüche an den eigenen Lebensstandard zu mehr Zufriedenheit.

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