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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

Familie / Freunde

Ledig, verheiratet, geschieden

Von unserem Beziehungsstatus geht eine erhebliche Glückswirkung aus. Deshalb sind Ratgeber für Liebe und Partnerschaft so gefragt. Auch die Glücksforschung hat dazu viel zu sagen: Zweisamkeit hebt das Glück. Der „Setpoint-Effekt“ trübt leider die Freude, denn nach einigen Jahren kehren wir wieder auf das ursprüngliche Lebenszufriedenheitsniveau zurück.

Die Partnerschaft ist ein zentraler Glücksfaktor. Wer verheiratet ist oder mit einem Partner zusammenlebt (7,16 Punkte) gibt eine signifikant höhere Lebenszufriedenheit an als Singles (6,99 Punkte). Wie Abbildung 1 zeigt, liegen alle Konstellationen mit Partnerschaft in ihrem Glücksniveau höher als diejenigen ohne – bis auf den Vergleich »ledig ohne Partner« (6,99) gegenüber »geschieden mit neuem Partner« (nur 6,83 Punkten). Diese Ausnahme hat aber nichts mit Zweisamkeit zu tun, sondern mit dem Alter: Ledige ohne Partner sind im Durchschnitt 32 Jahre jung, Geschiedene mit neuem Partner sind erheblich älter, nämlich im Schnitt 54 Jahre. Und wie wir wissen, sind jüngere Menschen deutlich zufriedener als mittelalte (Stichwort: »Mid-Life Crisis«).

Wie sehr die Zweisamkeit glückverstärkend wirkt, macht der Vergleich zwischen Geschiedenen »mit neuem Partner« und Geschiedenen »ohne Partner« deutlich (6,83 zu 6,41 Punkte). Besonders groß ist der Unterschied zwischen Verwitweten mit und ohne Partner: Wer das Glück hat, nach dem Tod des Partners eine neue Lebensbindung einzugehen, steigt buchstäblich in den »Siebten Himmel« auf (7,26 Punkte). Wem das nicht widerfährt, fällt im Lebensglück auf durchschnittlich 6,66 Punkte zurück.

Abbildung 1: Partnerschaft bringt Lebensglück

Partnerschaft erhöht das Lebensglück spürbar. Am zufriedensten sind Verwitwete, die das Glück haben, noch mal eine Bindung fürs Leben einzugehen.

Allgemeine Lebenszufriedenheit im Durchschnitt (0 = »überhaupt nicht zufrieden« bis 10 = »völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2011 bis 2019.

Gelungene Beziehungen machen glücklich, Beziehungen, die schlecht laufen, machen unglücklich. Der „Ehe-Status“ ist auch ein Glücksfaktor – in westlichen Gesellschaften ist der Effekt schwach, in anderen Kulturen, wo der Ehe eine größere, oft auch religiöse Bedeutung beigemessen wird, ist er größer. Die Glücksforschung kennt den sogenannten »Michelangelo-Effekt«, der das Geheimnis guter Partnerschaften erklären will: Paare formen sich gegenseitig durch Verhaltensbestätigung. Wenn beide an einem guten Auskommen interessiert sind, entsprechen sie eher den Erwartungen des Partners, weil dessen Bestätigung positiv zurückwirkt. Je kompatibler die Partner sind, desto stärker der Michelangelo-Effekt. Zwei Streithähne können so ideal zueinander passen, solange sie einen positiven Kreislauf in Gang halten.

Viele Paare heiraten vor allem, weil sie eine Familie gründen wollen und hoffen, sich aufeinander verlassen zu können. Das anhaltende Bekenntnis zur Partnerschaft ist das Gegenteil von Einsamkeit und spendet Zufriedenheit. Dieses Glück wird erkauft durch Zugeständnisse an nicht so kompatible Eigenschaften des Partners und Kompromisse bei den Freiheiten, die man gerne hätte, aber nicht voll oder womöglich gar nicht in der Beziehung verwirklichen kann. Bevor Ehen scheitern, haben sich beide Partner oft sehr einsam in dieser Beziehung gefühlt.

Der »Honeymoon-Effekt«

Wer nicht heiratet, verpasst auf jeden Fall das Glückshoch im Jahr der Hochzeit (und in den Jahren davor und danach). Abbildung 2 zeigt, dass die Hochzeit im Jahr des Festes das Lebensglück um etwa 0,3 Punkte gegenüber der Zeit vor der Hochzeit erhöht. 0,3 Punkte sind viel. Eine normale Gehaltserhöhung bringt 0,05 Glückspunkte. Aber schon im ersten und zweiten Jahr vor dem Ereignis scheinen die »Verlobten« eine gewisse Vorfreude zu verspüren: Im ersten Jahr vor dem Fest steigt die allgemeine Lebenszufriedenheit von 6,98 auf 7,04 Punkte. Zwei Jahre nach dem Fest hält sich dieses Glück noch für eine Weile. In der Glücksforschung nennt man dieses Glückshoch auch »Honeymoon-Effekt«. Mit der Zeit allerdings verfliegt dieser Effekt und man entwickelt sich wieder in Richtung der Lebenszufriedenheit wie zwei oder drei Jahre vor der Hochzeit.

Abbildung 2: Lebenszufriedenheitsverlauf bei Hochzeit, Partnerschaft, Scheidung und Verwitwung

Herausragende Lebensereignisse wie eine Hochzeit haben auch herausragende Folgen auf die Zufriedenheit. Nach dem Hoch (0 Jahre = Hochzeit/Ereignis) kehren die Menschen nach zirka fünf Jahren wieder auf das ursprüngliche Lebenszufriedenheitsniveau zurück.

Allgemeine Lebenszufriedenheit im Durchschnitt (0 = »überhaupt nicht zufrieden« bis 10 = »völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2005 bis 2019.
Anmerkung: Die Jahre -5 bis -1 entsprechen den Jahren vor dem Ereignis, 0 dem Jahr des Ereignisses und die Jahre 1 bis 5 den Jahren nach dem Ereignis. Die Daten wurden auf das Lebenszufriedenheitsniveau der Glücksatlas-Datenbank angepasst, um bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Die Anpassung (auch: Adaption) erleben die Menschen auch nach einigen Jahren in einer festen Partnerschaft: Im Jahr des Zusammenkommens treibt die Verliebtheitsphase die Lebenszufriedenheit auf durchschnittliche 7,32 Punkte, ein Jahr später liegt der Wert immer noch bei 7,28. Erst im zweiten Jahr sinkt das Glücksniveau rasant wieder auf den Ausgangswert, etwa 7,03 Punkte, zurück.

Die Adaption im Lebensglück findet sowohl bei freudigen als auch traurigen herausragenden Lebensereignissen statt (Lucas 2007). So senkt der Tod des Partners oder der Partnerin das Lebensglück dramatisch: Etwa drei Jahre vor dem Versterben beginnt die Lebenszufriedenheit bereits zu sinken, bei vielen ist es eine lange Krankheit und die damit verbundene Pflege, welche kräftezehrend ist. Im Jahr des Todes liegt die Lebenszufriedenheit der verwitweten Person dann bei nur 6,27 Punkten und damit 0,74 Punkte niedriger als noch fünf Jahre zuvor. Allerdings passen auch Verwitwete ihre Lebenszufriedenheit allmählich an: Nach drei Jahren liegt das durchschnittliche Lebensglück schon bei 6,61, nach vier Jahren bei 6,84 und nach fünf Jahren wieder bei 7,03 Punkten. Darüber hinaus wissen wir von Abbildung 1: Sollte die verwitwete Person einen neuen Partner finden, steigt der Wert sogar auf 7,26 Punkte.

Im Jahr vor einer Scheidung sinkt das Wohlbefinden bereits von 6,86 auf 6,65 Punkte (Abbildung 2): Die Verheirateten ahnen die kommende Trennung voraus. Auch bei Geschiedenen kehrt die Lebenszufriedenheit auf das Niveau vor der Scheidung zurück: Im Jahr der Scheidung noch bei 6,37 Punkten, liegt der Durchschnitt der Lebenszufriedenheit bei Geschiedenen vier Jahre danach bereits wieder bei 6,78 Punkten. Wer einen neuen Partner findet, hat einen deutlichen Glücksvorteil gegenüber denen, die weiterhin Single bleiben (Abbildung 1).

Der Setpoint des Glücks

Die Antizipations- und Anpassungsprozesse, die vor und nach einem herausragenden Lebensereignis auf Abbildung 2 zu erkennen sind, haben zu der so genannten »Setpoint-Theorie« geführt. Da Personen sowohl nach sehr schönen als auch schlimmen Erlebnissen immer wieder zu einem bestimmten Niveau der Lebenszufriedenheit zurückzukehren scheinen, setzte sich die Vermutung durch, dass der Lebenszufriedenheit ein psychobiologischer Grundmechanismus zugrunde liegen müsse: Wir schwanken in unserem Leben demnach um einen »Setpoint«, d.h. um einen Basiswert herum. Freudige Ereignisse wie z.B. eine Hochzeit heben unsere Lebenszufriedenheit, bis sie nach einiger Zeit wieder in Richtung des persönlichen Basiswerts zurückschwingen.

Umgekehrt ist es genauso: Auch nach Unglücken pendelt die Lebenszufriedenheit wieder in die Nähe des ursprünglichen Werts zurück. Dieser Wert ist keineswegs nur angeboren, sondern Ergebnis genetischer, familiärer, kultureller und sonstiger prägender Faktoren. Abbildung 3 zeigt schematisch drei Personen, die aufgrund verschiedenster Lebensereignisse um ihren individuellen Basiswert schwanken. Person I hat dabei genetisch den höheren Ausgangswert in der Lebenszufriedenheit, Person II einen mittleren und Person III gehört schon »von Natur aus« zu den Betrübten. Alle drei erleben aber unterschiedlichste Ereignisse in ihrem Leben. Dabei muss es sich nicht immer um so große Ereignisse wie eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes oder eine Scheidung handeln. Auch ein Urlaub oder ein neuer Job kann das Lebensglück kurzzeitig erhöhen – wenn auch die Ausschläge dann niedriger ausfallen.

Abbildung 3: »Setpoints« der Personen I, II und III

Laut der Setpoint-Theorie hat jeder Mensch ein relativ fixes Basisniveau an Lebenszufriedenheit, auf das er immer wieder zurückkehrt. Person I hat das höchste Glücksniveau, Person III das niedrigste. Die Ausschläge sind positive oder negative Lebensereignisse, die uns kurzfristig (zumeist einige Jahre) von unserem Basisniveau abbringen bis wir wieder zu ihm zurückkehren.

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Enste et al. 2019: 44.

Der Setpoint-Theorie ist in unzähligen Studien in vielen Ländern bestätigt worden. Sie wird gern von Vertretern der positiven Psychologie bezweifelt, weil sie deren Mantra, durch positive Einstellungen ließe sich das Leben jederzeit grundlegend verbessern, infrage stellt. Die unvermeidliche Rückkehr auf ein ursprüngliches Glücksniveau bedeutet allerdings keinen Fatalismus. Es gibt Lebensereignisse, die unsere Lebenszufriedenheit langfristig ändern, und auch die Arbeit an unserer Persönlichkeit ist nicht umsonst. Fujita und Diener (2005) konnten zeigen, dass sich unser Basiswert durchaus ändern kann: Etwa ein Viertel der Menschen zeigt eine langfristig veränderte Lebenszufriedenheit – teils zum Besseren, teils zum Schlechteren. Allerdings gibt es keine klaren Muster oder benennbaren Lebensereignisse, die das Lebensglück auf lange Zeit hin bei allen Menschen eindeutig verändern. Allenfalls die Langzeitarbeitslosigkeit (länger als 1 Jahr) scheint das Potential für ein langfristig sinkendes Wohlbefinden zu haben.

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