Auch 2023 ist die Lebenszufriedenheit in Rheinland-Pfalz unterdurchschnittlich und das Bundesland fällt im Ranking auf Rang zwölf zurück, was für eine ländlich geprägte westdeutsche Region enttäuschend ist. Auffällig ist, dass die Rheinland-Pfälzer sehr dünnhäutig auf Ereignisse wie Corona oder die Preissteigerungen der letzten Jahre reagieren. Dabei hat Rheinland-Pfalz viele Eigenschaften, die ein hohes Wohlbefinden versprechen.
Mit 6,79 Punkten liegt die allgemeine Lebenszufriedenheit der Rheinland-Pfälzer 2023 – wie schon seit 2019 – unterhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts (6,92 Punkte) (Abbildung 1). Zwar gab es eine Erholung um 0,14 Punkte gegenüber 2022 (6,65 Punkte), die sogar überdurchschnittlich gut ausfällt. Dennoch scheint das Bundesland den Anschluss an viele Nachbarbundesländer (z.B. Hessen: 7,06 Punkte oder NRW: 7,00 Punkte) mehr und mehr zu verlieren. Es kämpft mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der Ahrtal-Katastrophe sowie mit sinkenden Unternehmensinvestitionen. Das ist bitter, denn 2018 belegte Rheinland-Pfalz noch mit stolzen 7,23 Punkten den siebten Platz im damaligen Glücksranking der Bundesländer.
Abbildung 1: Allgemeine Lebenszufriedenheit in Rheinland-Pfalz 2015 bis 2023
Eine Erklärung für die Schwächephase sind die sozioökonomischen Indikatoren, die beinahe durchwegs leicht im unterdurchschnittlichen Bereich liegen: Die Einkommen und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sind etwas geringer als in den Nachbarländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg (nur im Saarland sind sie geringer). Die Arbeitslosenquote (insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit) ist etwas höher als in den Nachbarbundesländern. Außerdem leben in Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich viele Rentner mit geringem Einkommen. Und schließlich ist die Wirtschaftsleistung in Rheinland-Pfalz zu Beginn des Jahres 2023 kräftig um 2,5 Prozent gesunken, während sie in Gesamtdeutschland im gleichen Zeitraum stagnierte. Das heißt aber nicht, dass die Rheinland-Pfälzer besonders arm wären: Der Anteil derjenigen, die Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung im Alter erhalten, ist relativ gering. Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Lebensstandard liegt im unteren mittleren Einkommens- und Vermögensbereich, was eine zusätzliche Erklärung für die schlechten Zufriedenheitswerte sein kann.
Einkommenszufriedenheit erholt sich kräftig, Arbeitszufriedenheit bleibt unterdurchschnittlich
Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Rheinland-Pfälzer mit ihrem Haushaltseinkommen
Die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation war bis 2019 überdurchschnittlich und brach danach besonders stark ein (Abbildung 2): Mit 6,18 Punkten lag sie im Vorjahr in Rheinland-Pfalz 0,31 Punkte niedriger als im gesamtdeutschen Durchschnitt. 2023 ist die Erholung aber umso größer: Um 0,67 Punkte geht es nach oben – hierbei scheint es sich um eine Bereinigung zu handeln. Nach dem Inflationsschock, der sich in Rheinland-Pfalz besonders bemerkbar machte, scheinen sich die Rheinland-Pfälzer offenbar an den sich wieder abschwächenden Preissteigerungen zu erfreuen.
Für den heftigen Schock 2022 gibt es mehrere Erklärungen. Zum Beispiel hat das Bundesland eine Vielzahl älterer, im unteren Einkommensbereich liegende Rentnerinnen und Rentner. Diese Einkommensgruppe ist besonders verwundbar, wenn es zu hohen Preissteigerungen kommt. Die Inflation hatte zwischenzeitlich auch in Rheinland-Pfalz fast zweistellige Werte erreicht. Bis zum Herbst 2022 sanken die realen Löhne um 5,60 Prozent – d.h. der hinzugewonnene Wohlstand der 2010er-Jahre war wieder verloren. Dabei haben die Rheinland-Pfälzer allerdings den Vorteil von relativ geringen Wohn- und Lebenshaltungskosten.
Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Rheinland-Pfälzer
Die Arbeitszufriedenheit der Rheinland-Pfälzer erholt sich 2023 wieder. Mit 6,87 Punkten liegt sie aber weit unterhalb des bundesdeutschen Schnitts – und auch unterhalb des eigenen früheren Niveaus (Abbildung 3). Zu den Werten der 2010er-Jahre ist der Weg also noch weit.
Dabei hat Rheinland-Pfalz jobtechnisch einiges zu bieten. Einige Großunternehmen, wie BASF oder Schott AG (Glasherstellung), sind hier angesiedelt. Mit dem Schuhgewerbe in Pirmasens und der Pharmaindustrie gibt es historisch gewachsene Branchen. Auch Landwirtschaft, Weinbau und der Tourismus sind solide Standortfaktoren. Es gibt aber auch Regionen, in denen die Arbeitslosenquote nach wie vor hoch ist – besonders in der Pfalz, wie z.B. Kaiserslautern mit einer Quote von knapp 13 Prozent oder Pirmasens mit 16 Prozent.
Die Lebenszufriedenheit in den Regionen von Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz ist ein sehr vielfältiges Bundesland. Mit Ludwigshafen, Pirmasens oder Wörth am Rhein gibt es industriell geprägte Städte. Besonders bekannt ist das Bundesland aber für seine großen Wälder im Hunsrück, dem Wester- oder Pfälzer Wald sowie für seine Kulturlandschaft, insbesondere den Weinbau. Historisch ist das Rheinland eher katholisch geprägt, die Pfalz eher protestantisch.
Abbildung 4: Die Pfälzer sind minimal zufriedener als die Rheinländer
In der Lebenszufriedenheit tun sich zwischen dem Rheinland (6,79 Punkte) und der Pfalz (6,80 Punkte) nur minimale Unterschiede auf (Abbildung 4). Beide Regionen vereinen ähnliche Vor- und Nachteile, die auf die Lebenszufriedenheit wirken. Der Freizeitwert ist in beiden Regionen hoch, außerdem entsteht durch die Angrenzung an Frankreich, Luxemburg und Belgien ein gewisses internationales Flair. Ökonomisch ist das Bundesland eher durchschnittlich aufgestellt. Während es einzelne große Industrieunternehmen gibt, stehen auf der anderen Seite Regionen wie z.B. die Nordpfalz, die mit Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben und die Lebenszufriedenheit der Menschen dort drückt.
Familienzufriedenheit erholt sich um ein Drittel, Gesundheitszufriedenheit sinkt
Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Rheinland-Pfälzer mit ihrem Familienleben
Die Familienzufriedenheit der Rheinland-Pfälzer ist bis 2022 ins Bodenlose gefallen (Abbildung 5). Der Fall begann 2020 mit der Corona-Pandemie und setzte sich mit einem Absinken von insgesamt 1,04 Punkten drei Jahre lang fort. Ähnlich wie die Einkommens- und Arbeitszufriedenheit reagierte die Familienzufriedenheit äußerst sensibel auf die Verwerfungen durch Corona und Inflation. 2023 setzt endlich eine kräftige Erholung um 0,34 Punkte ein – damit ist freilich nur ein Drittel des Wegs auf das Niveau von 2019 vor der Corona-Pandemiezurückgelegt. Zwei Drittel fehlen noch.
Zwar sind die genauen Gründe für das starke Absinken noch unklar, aber die Hinweise in den Daten verdichten sich. Alleinlebende berichten – wenig überraschend – von einer sehr geringen Familienzufriedenheit. Nun geben viele Befragte aus Einpersonenhaushalten aus Regionen wie Kaiserslautern, Pirmasens oder Birkenfeld besonders niedrige Zufriedenheitswerte an. Gibt es in den mittelgroßen Städten von Rheinland-Pfalz womöglich eine ungewöhnlich starke Tendenz zur Vereinsamung?
Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Rheinland-Pfälzer mit ihrer Gesundheit
Stärken | Rheinland- Pfalz |
Deutsch- land |
---|---|---|
Wenige Einpersonenhaushaltea in Prozent aller Haushalte, 2020 |
36,4 | 40,6 |
Waldflächea in Prozent der Gesamtfläche, 2021 |
40,9 | 29,8 |
Wenig Pendler mit Arbeitsweg 150 km und mehrb in Prozent aller Pendler, 2019 |
3,84 | 4,66 |
Schwächen | Rheinland- Pfalz |
Deutsch- land |
---|---|---|
Niedrige Ärztequotec Ärzte je 10.000 Einwohner, 2020 |
13,6 | 14,6 |
Geringe Arbeitsproduktivitätd Bruttoinlandsprodukt je Arbeitsstunde |
52,26 | 54,78 |
Bruttoanlageinvestitionen sinkene Veränderung 2022 im Vergleich zu 2021 in Prozent |
-3,1 | +4,7 |
a Statistisches Bundesamt. b Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit. c Kassenärztliche Bundesvereinigung. d Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz 2021. e Statistisches Bundesamt.