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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

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Niedersachsen: Deutschland »in klein«

Niedersachsen ist ein vielfältiges Bundesland in dem viele unterschiedliche Faktoren zur Lebenszufriedenheit beitragen. Im Süden überwiegen Gewerbe und Industrie, im mittleren Teil und Westen die Landwirtschaft und an der Nordsee der Tourismus. Dennoch ist das Glück hier sehr gleich verteilt. Im Vergleich zu Gesamtdeutschland ist Niedersachsen ein repräsentatives Abbild Deutschlands.

Auch Niedersachsen wurde von der Corona-Pandemie stark getroffen und erholt sich nur langsam. 2021 fiel das durchschnittliche Wohlbefinden auf der Skala zwischen 0 (»ganz und gar unzufrieden«) und 10 (»völlig zufrieden«) auf 6,59 Punkte – von 7,19 Punkten in 2019 (Abbildung 1). Der bisherige Rekord wurde 2017 mit 7,20 Punkten erreicht. Das war auch die Zeit, in der die Niedersachsen glücklicher als der Durchschnitt der Bundesrepublik waren.

Corona traf die »weichen Faktoren« der Lebenszufriedenheit: Soziale Kontakte wurden eingeschränkt, das Homeoffice wurde für etwa ein Drittel der Bevölkerung zeitweise verpflichtend, vor allem Frauen mit schulpflichtigen Kindern litten unter einer Doppelbelastung. Dagegen veränderten sich die ökonomischen »harten Faktoren« während der Pandemie nur gering – das Bruttoinlandsprodukt Niedersachsens stieg 2021 sogar um 1,7 Prozent.

Abbildung 1: Lebenszufriedenheit der Niedersachsen 2022 weiter auf geringem Niveau

Mit 6,80 Punkten liegt Niedersachsen im Glücksranking der Bundesländer 2022 auf Rang sieben – die Erholung der Lebenszufriedenheit von Corona fällt etwas geringer aus als in Gesamtdeutschland.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2022.

Das dürfte sich ab Herbst 2022 ändern. Laut einer Umfrage von infratest dimap kurz vor den Landtagswahlen im Oktober nannten 32 Prozent der Niedersachen die Energiewende, 24 Prozent die Bildung und 16 Prozent die zunehmende Inflation als größtes politisches Problem. Corona landet weit abgeschlagen bei 5 Prozent. Doch nun kommen neue Krisen: Statt sozialer Isolation bremsen 2022 Zukunftssorgen und der Kaufkraftverlust die Lebenszufriedenheit. Das erklärt auch die schwache Erholung des Lebensglücks auf nur 6,80 Punkte (Abbildung 1). Nach Aufhebung der meisten Corona-Maßnahmen im Frühjahr 2022 kehrte die Lebenszufriedenheit der Niedersachsen nicht wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurück, die Erholung blieb vielmehr auf »halber Strecke stecken«.

Einkommenszufriedenheit fällt, Arbeitszufriedenheit erholt sich wieder

Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Niedersachsen mit ihrem Haushaltseinkommen

Die Corona-Pandemie und die darauf folgenden Krisen haben die Einkommenszufriedenheit im Nordwesten stark sinken lassen.

Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Niedersachsen gehörte seit jeher weder zu den armen noch zu den reichen Bundesländern und lag immer nah am bundesdeutschen Durchschnitt. Zum Zeitpunkt der letzten Einkommenserhebung 2019 hatten die Niedersachsen 22.812 Euro als Einkommen zur freien Verfügung (nach Abzug der Wohnkosten). Der deutsche Gesamtdurchschnitt lag bei 23.706 Euro. Aber: Sämtliche Ostdeutschen sowie die Saarländer und Bremer hatten weniger zum Konsumieren und Sparen. Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen – drei Nachbarbundesländer waren wiederum deutlich reicher (Hamburg mit 25.808 Euro das reichste Nachbarland, Bremen mit 21.935 Euro das ärmste).

2019 lag das norddeutsche Bundesland mit unterdurchschnittlichem Einkommen bei der Zufriedenheit mit dem Einkommen dennoch über dem Durchschnitt. Die Reallohnverluste seit 2020 haben die Verhältnisse aber verändert: Jetzt sind die Niedersachsen auch in der Einkommenszufriedenheit (Abbildung 2) unterhalb des Schnitts Gesamtdeutschlands. 2022 sind es noch 6,31 Punkte.

Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Niedersachsen

Niedersachsen ist seit 2019 ein kleines Abbild Deutschlands bei der Arbeitszufriedenheit – mit 7,09 Punkten liegen die Nordwestdeutschen exakt im deutschen Durchschnitt.

Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Niedersachsen ist in seiner Struktur ein kleines Abbild Deutschlands. So wird 41 Prozent des Umsatzes mit dem Fahrzeugbau erwirtschaftet, danach folgt erst mit 16,5 Prozent das Ernährungsgewerbe. 23,8% der arbeitenden Bevölkerung sind in der Industrie tätig, 75% im Dienstleistungsgewerbe. Von der Erwerbsstruktur ist Niedersachsen somit eine Art »Mischland«: In den großen Werken der Automobilbranche – etwa in Wolfsburg oder Emden – gibt es nach wie vor den »klassischen Arbeiter«. Ebenso existieren eine große Automobilzuliefererbranche und andere Industriesektoren wie der Maschinenbau. Ein weiterer großer Teil Niedersachsens arbeitet landwirtschaftlich oder im Ernährungsgewerbe (z.B. in großen Schlachtereien). Wiederum andere sind in der Gastronomie und im Tourismus beschäftigt.

Dass Niedersachsen das erwähnte kleine Abbild Deutschlands ist, zeigt sich auch in der Arbeitszufriedenheit: Diese folgt seit 2019 dem bundesdeutschen Schnitt (Abbildung 3). Gastgewerbe und Tourismus haben in Niedersachsen während Corona stark gelitten, während die Industrie mit nur wenigen Einschränkungen durch die Pandemie kam.

Die Lebenszufriedenheit in den Regionen Niedersachsens

Die Lebenszufriedenheit zwischen Niedersachsen-Nordsee (6,77 Punkte) und Niedersachsen-Hannover (6,83 Punkte) ist ähnlich hoch, obwohl sich beide Regionen stark unterscheiden. Die Nordseeküste und Ostfriesischen Inseln sind touristisch geprägt. Es gibt eine große landwirtschaftliche Branche mit großer Viehhaltung. Mit Osnabrück liegt im Südwesten eine Universitätsstadt. Im Südosten des Bundeslands überwiegen industriell geprägte Regionen – mit Volkswagen und Continental sitzen dort Unternehmen, die zusammen über 400.000 Menschen beschäftigen.

Abbildung 4: Niedersachsen-Nordsee und Niedersachsen-Hannover

Niedersachsen ist ein vielfältiges Bundesland – die Lebenszufriedenheit ist aber im Norden und Süden etwa gleich hoch.


Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2022.

Aus ökonomischer Perspektive sind beide Regionen (Abbildung 4) sehr unterschiedlich. In Niedersachsen-Nordsee liegen die Regionen zwischen Bremen und Hamburg sowie ganz im Westen (Emsland, Osnabrück) beim IW-Wirtschaftsranking im bundesweiten Vergleich im oberen Mittelfeld. Ostfriesland schneidet ökonomisch eher schlecht ab – insbesondere Städte wie Delmenhorst oder Wilhelmshaven liegen auf den unteren Plätzen. In Niedersachsen-Hannover weisen besonders Wolfsburg und Braunschweig ein gutes wirtschaftliches Niveaus aus, Salzgitter gehört hingegen zu den zehn schwächsten Kreisen.

Familien- und Freizeitzufriedenheit erholen sich wieder

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Niedersachsen mit ihrem Familienleben

Die Niedersachsen sind mit ihrem Familienleben meist zufriedener als Gesamtdeutschland –2022 liegen sie aber mit 7,43 Punkten gleich auf.

Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die Familienzufriedenheit der Niedersachsen war bis 2021 etwas höher als in Gesamtdeutschland. 2022 liegt sie mit 7,42 Punkten auf dem gleichen Niveau. Corona hat dem Familienleben auch in Niedersachsen schwer zugesetzt. Von 8,02 ging es auf 7,38 Punkte runter.

In Niedersachsen ist insbesondere der Anteil der Mehrpersonenhaushalte mit Kindern groß. Die Landkreise Cloppenburg und Vechta sind mit etwa 49 Prozent bundesweit spitze. Zum Vergleich: Im Landkreis Würzburg (Bayern) sind es nur 17 Prozent. Familien mit Kindern sind mit ihrem Familienleben zufriedener als Alleinlebende – wenn ein Bundesland wie Niedersachsen anteilsmäßig viele Familien aufweist, ist somit auch die durchschnittliche Familienzufriedenheit höher.

Abbildung 6: Die Zufriedenheit der Niedersachsen mit ihrem Freizeitleben

Die Freizeitzufriedenheit der Niedersachsen ist im bundesweiten Vergleich etwas geringer.

Anmerkungen: Freizeitzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die Freizeitzufriedenheit der Niedersachsen liegt 2022 bei 6,24 Punkten und damit 0,27 Punkte unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts. Ähnlich wie Gesamtdeutschland fiel sie 2021 – mitten in der Corona-Pandemie – auf 4,82 Punkte. Die Freizeitzufriedenheit liegt in Niedersachsen schon seit längerem leicht unterhalb des gesamtdeutschen Niveaus: 2015 waren es 0,06 Punkte weniger, 2016 0,09 Punkte. Nur 2018 war es einmalig andersherum.

Die von Prognos durchgeführte Deutschland-Studie für das zdf 2018 und 2019 sammelte eine große Menge an objektiven Indikatoren – unter anderem auch zur Kategorie »Freizeit und Natur«. Ein großer Teil Niedersachsens schließt in diesem Bereich nicht besonders gut ab – insbesondere südlich von Bremen (Oldenburg, Vechta, Diepholz, Osnabrück). In dieser Region ist der Anteil an Wald- und Erholungsflächen gering, die Vereinsdichte ist schwach und die nächste größere Stadt weit entfernt.

Stärken

Heben die Lebenszufriedenheit

  • Hoher Anteil an Mehrpersonenhaushalten
  • Starke Industrie und hohe Wirtschaftskraft im Süden
  • Vielfältige Branchenstruktur schafft Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen

Schwächen

Senken die Lebenszufriedenheit

  • Teils geringe Vereinsdichte, geringes soziales Kapital
  • Im Westen wenig Erholungsflächen, geringer Freizeitwert
  • Hohe Abhängigkeit im Südosten von einem Großunternehmen im Fahrzeugbau
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