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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

SKL Glücksatlas 2023

Mecklenburg-Vorpommern: Deutschlands Schlusslicht

Die Lebenszufriedenheit in Mecklenburg-Vorpommern rutscht weiter in den Keller. Die Zufriedenheit mit der Arbeit und dem Einkommen, die früher gut war, ist durch Corona gefallen. Besonders unzufrieden sind die Menschen mit ihrem Einkommen und ihrer Gesundheit. Glücklich sind sie aber mit den wunderschönen Naturlandschaften.

Mecklenburg-Vorpommern ist 2023 erneut Schlusslicht. Die Lebenszufriedenheit erreicht hier mit 6,19 Punkten den niedrigsten Wert im Vergleich der Bundesländer (Platz 16). Besorgniserregend ist, dass sich das Wohlbefinden in dieser Region weiter verschlechtert, anstatt sich nach der Corona-Krise, wie in den meisten anderen Gebieten, zu erholen. Im Jahr 2019 lag die Lebenszufriedenheit im Nordosten bei 6,87 Punkten – seitdem hat sie Jahr für Jahr kontinuierlich abgenommen (Abbildung 1).

Im Jahr 2023 beträgt der Rückgang weitere 0,16 Punkte. Der Abstand zu Gesamtdeutschland wächst auf 0,73 Punkte, zum glücklichsten Bundesland Schleswig-Holstein sind es sogar 1,02 Punkte. Während Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg das Glücksniveau der Vor-Corona-Zeit bereits wieder erreicht haben, verliert Mecklenburg-Vorpommern den Anschluss. Besonders schwach ist das Lebensglück in der ländlichen Peripherie – die Stadt-Land-Unterschiede sind nirgends so hoch wie in der Region Mecklenburg. Sie ist auch im Glücksranking der 32 Regionen Schlusslicht mit einer Lebenszufriedenheit von nur 5,98 Punkten.

Abbildung 1: Die allgemeine Lebenszufriedenheit rutscht in den Keller

Die Lebenszufriedenheit in Mecklenburg-Vorpommern rutscht in den Keller: Mit 6,19 Punkten in 2023 trennt das Bundesland 0,73 Punkte vom bundesdeutschen Durchschnitt.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2023.

Nach wie vor ist im Nordosten die wirtschaftliche Dynamik gering, die Jugendarbeitslosigkeit mit etwa neun Prozent hoch und es leben im bundesdeutschen Vergleich überproportional viele Menschen von sozialen Mindestsicherungssystemen wie Bürgergeld, Grundsicherung usw. (Mecklenburg-Vorpommern: 9,2 Prozent; Gesamtdeutschland: 8,3 Prozent).

Die schwierige ökonomische Situation existiert aber schon lange und kann das neuerliche Absinken der Lebenszufriedenheit nicht erklären. Im Gegenteil entwickelt sich einiges recht positiv. So ziehen seit ein paar Jahren wieder mehr junge Menschen in den Nordosten –  den geringen Wohnkosten und den guten Universitätsstädten sei Dank. Außerdem blüht weiterhin – trotz Corona und Inflation – die Tourismuswirtschaft.

Einkommenszufriedenheit stagniert auf niedrigem Niveau, Arbeitszufriedenheit erholt sich leicht

Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Mecklenburg-Vorpommerner mit ihrem Haushaltseinkommen

Die Einkommenszufriedenheit kann sich auf niedrigem Niveau stabilisieren, liegt aber inzwischen 0,9 Punkte unter dem bundesdeutschen Niveau.

Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

In Mecklenburg-Vorpommern kann sich die Einkommenszufriedenheit auf niedrigem Niveau stabilisieren (Abbildung 2): Gefragt nach der Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation (von 0 = ganz und gar nicht zufrieden) bis 10 (= völlig zufrieden) geben die Menschen 2023 im Schnitt 5,74 Punkte an. In Gesamtdeutschland hat sich der Wert deutlicher erholt und liegt mit 6,64 Punkten um 0,9 Punkte höher.

In den 2010er-Jahren war die Einkommenszufriedenheit der Mecklenburg-Vorpommerer schon mal deutlich höher. 2019 lag sie noch bei 7,14 Punkten. Denn der Nordosten bietet finanziell gesehen viele Vorteile: Die Wohnkosten und die Einkommensungleichheit sind gering. In vielen Regionen des Landes lässt sich der »Traum vom Eigenheim« noch realisieren. Außerdem sind die Lebenshaltungskosten im Nordosten die niedrigsten im deutschlandweiten Vergleich.

Warum ist die Einkommenszufriedenheit so niedrig? Das monatliche Nettoeinkommen beträgt durch­schnittlich nur 1.760 Euro, während es im deutschen Durchschnitt fast 2.100 Euro sind. Zudem hat die Inflation in letzter Zeit erheblich zugeschlagen und insbesondere in Haus­halten mit geringen Ein­kommen, von denen es in Mecklenburg-Vorpommern viele gibt, führt die steigende Geld­entwertung zu finanziellen Belastungen und Stress.

Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Mecklenburg-Vorpommerer

2023 nimmt die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation leicht zu und liegt bei 6,68 Punkten. Da der Gesamtdurchschnitt Deutschlands nahezu stagniert, kann Mecklenburg-Vorpommern in der Arbeitszufriedenheit aufholen. Der Abstand sinkt auf 0,43 Punkte.

Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Auch ein Blick auf die Arbeitszufriedenheit zeigt die Unzufriedenheit mit der eigenen ökonomischen Situation deutlich (Abbildung 3): Mit 6,68 Punkten liegt Mecklenburg-Vorpommern weit hinter Gesamtdeutschland (7,11 Punkte), kann sich aber im Vergleich zu 2022 immerhin etwas erholen. Ähnlich wie bei der Einkommenszufriedenheit waren die Menschen im Nordosten vor 2020 auch mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Die Ereignisse der letzten Jahre haben das Bild gedreht.

Mecklenburg-Vorpommern lebt zu großen Teilen vom Tourismus. Gerade dieser Wirtschaftszweig war von den Corona-Maßnahmen hart getroffen. Mit der Inflation und dem Arbeitskräftemangel kommen nun neue Probleme auf die Hotel- und Gaststättenbetreiber zu. Das Arbeitsleben ist somit für viele Mecklenburg-Vorpommerer derzeit sehr angespannt.

Die Lebenszufriedenheit in den Regionen Mecklenburg-Vorpommerns

In den zwei Regionen Mecklenburg-Vorpommerns – Mecklenburg (5,98 Punkte) und Vorpommern (6,86 Punkte) – gibt es große Unterschiede in der Lebenszufriedenheit (Abbildung 4). Die Vorpommerer sind deutlich zufriedener mit ihrem Leben als die Mecklenburger. Das hat mit mindestens zwei Faktoren zu tun.

Abbildung 4: Vorpommern deutlich zufriedener als Mecklenburg

Vorpommern punktet mit besserer Infrastruktur. Zudem leben anteilsmäßig viele zufriedene Studierende sowie Pärchen im frühen Rentneralter in Vorpommern.


Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2023.

Zum einen ist die Lebensqualität in Vorpommern höher. Eine Betrachtung verschiedenster Indikatoren durch die Hochschule Stralsund weist auf eine dichte soziale Infrastruktur (z. B. viele Kinderbetreuungsplätze), gute Zuganbindung, besonders geringen Wohnkosten sowie auf eine intakte Natur hin. Zudem bieten Städte wie Stralsund und Greifswald Zukunftspotential. In Mecklenburg ist – insbesondere auf dem Lande – die wirtschaftliche Dynamik gering, die Infrastruktur relativ schlecht ausgebaut und die Vereinskultur ausgedünnt.

Zum anderen liegt es an der Einwohnerstruktur. In Mecklenburg leben die meisten Arbeitssuchenden des Landes. Darüber hinaus ist der Anteil an Einpersonenhaushalten in Städten wie Rostock oder Schwerin besonders hoch. Vorpommern hat hingegen einen großen Teil an älteren Paarhaushalten aus der »bürgerlichen Mittelschicht« sowie anteilsmäßig viele Studierende – zwei Gruppen, die klassischerweise mit ihrem Leben sehr zufrieden sind.

Familienzufriedenheit sinkt weiter, Gesundheitszufriedenheit stabil

Die Familienzufriedenheit in Mecklenburg-Vorpommern setzt ihren Abwärtstrend fort und erreicht aktuell einen Wert von 6,49 Punkten (Abbildung 5). Im Gegensatz zu Gesamtdeutschland zeigt sich 2023 keine Erholung. Ähnlich wie bei Einkommen und Arbeit ist der Wert seit 2019 erheblich gesunken. Damit entfernt sich die Zufriedenheit mit dem Familienleben im Nordosten immer weiter vom bundesdeutschen Durchschnitt. Während die Familienzufriedenheit in Gesamtdeutschland seit 2022 wieder ansteigt, setzt sich der Rückgang in Mecklenburg-Vorpommern fort.

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Mecklenburg-Vorpommerner mit ihrem Familienleben

In der Familienzufriedenheit öffnet sich seit 2022 eine Schere zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Gesamtdeutschland. Inzwischen liegt der Wert im Nordosten 0,99 Punkte entfernt.

Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Mecklenburg-Vorpommerner mit ihrer Gesundheit

Die Gesundheitszufriedenheit scheint in Mecklenburg-Vorpommern auf ihrem Tiefstniveau angekommen zu sein. 2023 kann sich der Wert sogar minimal auf 6,09 Punkte erholen.

Anmerkungen: Gesundheitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Die Alterung macht dem Bundesland im Nordosten zu schaffen. Trotz wieder höherer Zuzugsraten steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung weiter an – allein in den Jahren 2011 bis 2021 um 1,7 Jahre von 45,8 auf 47,5 Jahre. Etwa jeder vierte Einwohner ist heute 65 Jahre oder älter. Dies wirkt sich negativ auf die durchschnittliche Lebenszufriedenheit aus, da Menschen im fortgeschrittenen Alter oft mit verschiedenen Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben und häufig pflegebedürftig sind. Zudem ist die Versorgung mit Pflegeheimplätzen – insbesondere für die Anforderungen in den ländlich geprägten Landkreisen wie Vorpommern-Rügen oder Mecklenburgische Seenplatte – unterdurchschnittlich. Während in ganz Deutschland auf einen Pflegeheimplatz circa 3 Pflegebedürftige entfallen, kommen in Mecklenburg-Vorpommern auf einen Pflegeheimplatz knapp 6 Pflegebedürftige. Neben dem hohen Alter dürfte auch die mitunter mangelhafte medizinische Versorgung in ländlichen Regionen zur insgesamt niedrigen Gesundheitszufriedenheit von 6,09 Punkten beitragen (Abbildung 6).

Stärken Mecklenburg-
Vorpommern
Deutsch-
land
Ländlich geprägta
Anteil der Einwohner in Gemeinden mit einer Bevölkerungsdichte von unter 150 Einwohner/km² in Prozent, 2019.
56,1 20,4
Verletzte und Getötete im Straßenverkehrb
je 1.000 Einwohner, Januar bis Mai 2023
1,14 1,56
Übernachtungen je Einwohnerc
2021
16,5 3,7
Schwächen Mecklenburg-
Vorpommern
Deutsch-
land
Pflegebedürftiged
je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren, 2021
290 269
Gewerbeanmeldungsquotee
Verhältnis von Gewerbeanmeldungen zu Gewerbeabmeldungen in Prozent 2022
-2,2 +19,6
Bruttoinlandsprodukt je Einwohnerf
2020
29.100 40.500
Verfügbares Einkommen je Einwohnerf
jährlich, 2020
21.200 23.750
Pendler mit Arbeitsweg 150 km und mehrf
in Prozent aller Pendler, 2019
7,4 4,6

a Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. b Statistisches Bundesamt: Verunglückte bei Straßenverkehrsunfällen von Januar bis Mai 2023. c Monatserhebungen zum Tourismus. d Statistik über die Empfänger der Pflegegeldleistungen. e Gewerbeanzeigenstatistik. f Statistik der Bundesagentur für Arbeit.

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