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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

SKL Glücksatlas 2022

Hessen: Wann kehrt das Glück zurück?

Die Hessen haben sich von den Tiefschlägen der Pandemie nur leicht erholt. Waren sie vor Corona noch unter den glücklichsten Bundesländern, so liegen sie 2022 unter dem Durchschnitt. Die Glücksdifferenz zwischen Nord- und Südhessen ist erstaunlich hoch. Gründe könnten die unterschiedlichen Wirtschafts- und Bevölkerungsstrukturen sein.

Die Lebenszufriedenheit der Hessen ist durch die Corona-Pandemie überdurchschnittlich stark unter die Räder gekommen. Vor Corona lagen die Hessen noch deutlich über dem Bundesschnitt, nach Corona liegen sie unterhalb. In Zahlen: Sie verloren im Schnitt der Jahre 2020/2021 auf der Skala zwischen 0 (»ganz und gar unzufrieden«) und 10 (»völlig zufrieden«) 0,65 Punkte auf den Vor-Corona-Wert 2019 (7,31 Punkte) und landeten bei 6,66 Punkten (Abbildung 1), sind aber 2022 mit 6,82 Punkten knapp unter dem gesamtdeutschen Wert von 6,86 Punkten. Zum Vergleich: Im Nachbarland Nordrhein-Westfalen büßte die Lebenszufriedenheit »nur« 0,44 Punkte ein. Woran liegt das? Ein »Nachteil« war in der Corona-Krise die junge Bevölkerungsstruktur: 44,5 Prozent sind 40 Jahre oder jünger, in Nordrhein-Westfalen sind es knapp 40 Prozent. Jugendliche litten besonders stark unter den Kontaktbeschränkungen. Viele junge Familien gerieten durch Kita- und Schulschließungen in ihrem Alltag unter Druck. Besonders traf es junge Mütter im »Homeoffice«, die gleichzeitig noch Kinder zu betreuen hatten und den Haushalt stemmten. Da die Anteile der Jungen und Familien in Hessen hoch sind, brach das Glücksniveau ein.

Abbildung 1: Corona trifft die Lebenszufriedenheit der Hessen hart

Hessen erholt sich nur langsam aus der Corona-Pandemie. Mit 6,82 liegt die Lebenszufriedenheit sogar unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2022.

Die Erholung der Lebenszufriedenheit fällt in Hessen mit 0,16 Punkten mau aus. Hessen liegt mit 6,82 Punkten sogar erstmals seit 2015 unterhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts. Normalerweise gehört Hessen mit Schleswig-Holstein, Bayern und Hamburg zu den glücklichsten Regionen Deutschlands. Es fragt sich also, ob das wieder so werden wird oder ob die Hessen dauerhaft ins Mittelfeld des Bundesländer-Rankings rutschen. Die Erholung wird durch die neuen Krisen gedämpft. Laut HessenTrend ist die Energiepolitik das wichtigste Problem der Hessen, was nicht überrascht angesichts der herausragenden Bedeutung des Maschinenbaus und energieintensiver Industrie in Hessen. Weitere drängende Probleme sind Bildung und Mobilität. Gesundheitsthemen tauchen erst weit hinten auf. Die neuen Probleme, die durch den Ukraine-Krieg mit ausgelöst wurden, bestimmen auch die Lebenszufriedenheitswerte. Preissteigerungen und Kaufkraftverlust drücken aufs Gemüt, Zukunftssorgen nehmen zu.

Einkommenszufriedenheit fällt, Arbeitszufriedenheit der Hessen besonders hoch

Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Haushaltseinkommen

Die Hessen sind wohlhabend und mit ihrem Einkommen im Schnitt zufriedener als Gesamtdeutschland. Seit 2020 gibt es aber – bedingt durch andauernde Reallohnverluste – einen Abwärtstrend.

Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haus-haltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Hessen gehört – zusammen mit Bayern und Hamburg – zu den wohlhabendsten Bundesländern Deutschlands. Mit einem jährlichen verfügbaren Einkommen (nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Wohnkosten) von 24.540 Euro liegt es fast 2.000 Euro höher als in Gesamtdeutschland (22.810 Euro) – und das, obwohl die Wohnkosten in Hessen ziemlich hoch sind.

Passend zu dem überdurchschnittlichen Wohlstand sind die Hessen auch mit ihrem Einkommen überdurchschnittlich zufrieden (Abbildung 2). 2022 geben sie im Durchschnitt 6,65 Punkte an und liegen damit wie üblich oberhalb des bundesdeutschen Durchschnitts (6,49 Punkte). Der bisherige Rekord wurde 2020 mit 7,2 Punkten erreicht. Die Reallohnverluste seit 2020 schmälern aber auch im wohlhabenden Hessen die Einkommenszufriedenheit: Seit 2020 sank sie um 0,35 Punkte.

Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Hessen

Mit 7,5 Punkten sind die Hessen 2022 mit ihrer Arbeit besonders zufrieden.

Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Hessen ist in seiner Arbeitssituation zweigeteilt. Im Norden überwiegen kleinere und mittlere Unternehmen. Im Süden hingegen haben einige Großunternehmen ihren Sitz: So ist Frankfurt am Main das Finanzzentrum Deutschlands und besitzt den größten internationalen Flughafen Deutschlands und einen der größten Internetknotenpunkte der Welt. Aber auch in Städten wie Darmstadt, Wiesbaden und Bad Homburg haben umsatzstarke Unternehmen ihren Sitz.

2022 scheint in Hessen die Arbeitszufriedenheit besonders hoch zu sein: Mit 7,50 Punkten ist das ein Rekord (Abbildung 3). Hessen hatte aber schon mal derart hohe Werte – zum Beispiel in den Jahren 2007 und 2011, die sich dann schnell wieder zurückbildeten. Seit jeher begünstigen in Hessen eine geringe Arbeitslosenquote, viele Jobmöglichkeiten und ein hoher Wohlstand das Wohlbefinden am eigenen Arbeitsplatz

Die Lebenszufriedenheit in den Regionen Hessens

Die Nordhessen (7,06 Punkte) sind mit ihrem Leben deutlich zufriedener als die Südhessen (6,65 Punkte) (Abbildung 4). Beide Landesteile unterscheiden sich unter anderem in ihrer Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur. Der Norden ist älter, ruhiger und touristischer als der Süden, der wiederum eine ausgeprägte großindustrielle Struktur hat. Besonders auffällig sind die Unterschiede bei den Anteilen an Menschen mit Migrationshintergrund: Im Süden liegen sie je nach Landkreis zwischen 20 und 40 Prozent, während im Norden mit um die fünf bis zehn Prozent kaum Menschen mit Migrationshintergrund leben. Wir wissen aus der Glücksforschung, dass ein Migrationshintergrund in Deutschland tendenziell mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einhergeht. Aufgrund der Einwandererstruktur haben Menschen mit Migrationshintergrund im Schnitt ein geringeres Einkommen, sie übernehmen schwerere Arbeiten und wohnen in unattraktiveren Umgebungen. Teilweise gibt es Sprachprobleme und Schwierigkeiten mit der sozialen Integration. Höhere Unzufriedenheitswerte ergaben sich auch in der Corona-Pandemie: In allen in einer Studie des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration untersuchten Bereichen geben Zugewanderte unverkennbar größere Sorgen an als Nicht-Zugewanderte. Besonders plagt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Hessen die eigene wirtschaftliche Situation (45 Prozent machen sich hier Sorgen), bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sagen das nur 25 Prozent.

Abbildung 4: Südhessen ist unzufriedener als Nordhessen

Mit einem Abstand von 0,41 Punkten ist die Glücksdifferenz zwischen Nord- und Südhessen erstaunlich hoch. Gründe könnten die unterschiedlichen Wirtschafts- und Bevölkerungsstrukturen sein.


Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2022.

Familien- und Freizeitzufriedenheit erholen sich wieder

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Familienleben

Die Familienzufriedenheit ist in Hessen nach einer heftigen Corona-Delle wieder auf dem Erholungspfad.

Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Die Zufriedenheit mit dem Familienleben erlebte in der Corona-Zeit einen Einbruch auf 6,95 Punkte – von ehemals 7,93 Punkten im Vor-Corona-Jahr 2019 (Abbildung 5). 2022 kann sie sich wieder auf 7,45 Punkte erholen, bleibt aber noch auf halbem Wege zum Vor-Corona-Niveau stecken. Hessen hat einen hohen Anteil an Mehrpersonenhaushalten: 26 Prozent der Haushalte bestehen aus drei oder mehr Personen, in Gesamtdeutschland sind es 23 Prozent. Familien hatten es in der Corona-Krise durch Kita- und Schulschließungen besonders schwer.

Abbildung 6: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Freizeit

In Hessen liegt die Freizeitzufriedenheit fast schon wieder auf dem Vor-Corona-Niveau.

Anmerkungen: Freizeitzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.

Wie in ganz Deutschland fiel auch in Hessen die Freizeitzufriedenheit während der Corona-Zeit stark ab (Abbildung 6). Mit 4,84 Punkten lag sie sogar etwas unterhalb des Bundesdurchschnitts von 5,00 Punkten. Überwiegend die Südhessen aus dem städtischen Räumen gaben hier besonders geringe Werte an, auch 2022 hat sich rund um Frankfurt am Main, Darmstadt und Wiesbaden die Zufriedenheit mit dem Freizeitleben noch nicht vollständig erholt. Mit 6,93 Punkten liegt Hessen aber deutschlandweit im Jahr 2022 an der Spitze und wieder nah am Vor-Corona-Wert von 7,09 Punkten. Der Norden Hessens hat die Freizeitzufriedenheit des Vor-Corona-Jahres sogar schon wieder erreicht.

Stärken

Heben die Lebenszufriedenheit

  • Starke Wirtschaft insbesondere im Süden.
  • Ländliche Prägung mit vielen Freizeitmöglichkeiten im Norden.
  • Hohes soziales Kapital, starke Vereinsstrukturen.

Schwächen

Senken die Lebenszufriedenheit

  • Hohe Unzufriedenheit der Menschen mit Migrationshintergrund im Süden Hessens.
  • Hohe Wohnkosten in den Städten.
  • Hohe Einkommensungleichheit im Süden Hessens.

Seit 2018 schwächelt die Lebenszufriedenheit der Rheinland-Pfälzer. 2022 liegt sie erstaunlich niedrig. Auch in den Bereichszufriedenheiten schneiden die Rheinland-Pfälzer unterdurchschnittlich ab. Das liegt daran, dass das Land in vielen Bereichen wie Einkommen oder Gesundheit ebenfalls nur unterdurchschnittliche Werte vorweisen kann.

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