Sachsen-Anhalt ist das glücklichste ostdeutsche Bundesland: Die Sachsen-Anhalter sind zufriedener mit ihrer Arbeit, dem Familienleben und der Gesundheit geworden – und überflügeln so manches westdeutsche Bundesland. Bemerkenswert ist, dass sie vor allem mit ihrem Einkommen besonders zufrieden sind. Das liegt auch daran, dass es in einigen Regionen deutlich bergauf geht.
Bis zum Jahr 2019 bewerteten die Menschen in Sachsen-Anhalt ihre Lebenszufriedenheit im Durchschnitt um 0,35 Punkte niedriger als der Durchschnitt in Deutschland (siehe Abbildung 1). Diese erhebliche Differenz führte dazu, dass die Region im Glücksranking stets einen hinteren Platz einnahm. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Im Jahr 2023 beträgt die durchschnittliche Lebenszufriedenheit in Sachsen-Anhalt 6,95 Punkte, leicht über dem bundesweiten Durchschnitt von 6,92 Punkten. Dieses ostdeutsche Bundesland ist damit glücklicher als viele westdeutsche Bundesländer. Auf dem sechsten Rang lässt Sachsen-Anhalt Länder wie Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz hinter sich. Schon im Glücksatlas 2022 stellten wir im langfristigen Vergleich fest, dass Sachsen-Anhalt – neben Brandenburg und Sachsen – zu den Glücksgewinnern im Osten zählt. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern ist eine Sorgenregion.
Abbildung 1: Allgemeine Lebenszufriedenheit in Sachsen-Anhalt 2015 bis 2023
2021 erreichte Sachsen-Anhalt sogar einmalig den ersten Rang. Das war allerdings diversen Corona-Effekten (vor allem auch in Westdeutschland) geschuldet und nicht einem Glückszuwachs in der Bevölkerung. Weil hier die »Lockdown«-Maßnahmen weniger strikt ausfielen, die bei der älteren Bevölkerung des Landes auch weniger negative Auswirkungen hatten, verzeichnete Sachsen-Anhalt während der Corona-Pandemie eine stabilere Lebenszufriedenheit. Im Gegensatz dazu fiel die Lebenszufriedenheit im Westen deutlich stärker ab.
Das Glücksniveau in Sachsen-Anhalt und anderen Ostländern blieb somit eher konstant, während das Glücksniveau der Westländer einbrach und sich dann beide Landesteile auf nahezu demselben Tiefstand wiederfanden. Mit dem Ende der Corona-Lockdowns im Jahr 2023 entfallen die Gründe für den Einbruch und die Westländer erholen sich wieder. Zusammen mit Sachsen und Thüringen liegt das Wohlbefinden in Sachsen-Anhalt leicht über dem Vor-Corona-Niveau von 6,92 Punkten 2019, während viele westdeutsche Bundesländer dieses Vor-Pandemie-Niveau noch längst nicht erreicht haben. Das verhilft Sachsen-Anhalt zu einem guten Rang, zudem geht es in einigen Regionen des Bundeslands wirtschaftlich bergauf.
Einkommenszufriedenheit erholt sich, Arbeitszufriedenheit steigt deutlich
Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Sachsen-Anhalter mit ihrem Haushaltseinkommen
Sachsen-Anhalt verzeichnete als ostdeutsches Bundesland in der Vergangenheit eher niedrige Bruttolöhne und -gehälter. Diese sind aber in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Erhielt ein Arbeitnehmer im Jahr 2011 noch in etwa 2000 Euro brutto im Monat, verdient er im Jahr 2021 zirka 2700 Euro. Auch im deutschlandweiten Vergleich hat sich das Einkommen der Sachsen-Anhalter verbessert.
Ab 2019 (Abbildung 2) ging es allerdings – wegen der Reallohnverluste – auch hier bergab und die Einkommenszufriedenheit lag etwa auf dem deutschlandweiten Niveau. 2023 könnte das Jahr sein, in dem die subjektive Bewertung der finanziellen Situation wieder an alte Zeiten anknüpft, denn mit 6,74 Punkten ist die Einkommenszufriedenheit der Sachsen-Anhalter im Jahr 2023 so hoch wie nirgends sonst in Ostdeutschland.
Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Sachsen-Anhalter
Die Arbeitszufriedenheit der Sachsen-Anhalter ist 2023 stark gestiegen (Abbildung 3). Um 0,33 Punkte im Vergleich zum Vorjahr nahm dieser Wert zu. Es lässt sich nur mutmaßen, was der Auslöser hierfür sein könnte. Womöglich ist es ein wachsender Zukunftsoptimismus: In den kommenden Jahren wird Sachsen-Anhalt für hochqualifizierte Fachkräfte attraktiver werden. Etwa durch die Ansiedlung eines neuen Werkes des Chipherstellers Intel in der Magdeburger Region werden langfristig Arbeitsplätze geschaffen, welche auch ein höheres Lohnniveau erwarten lassen.
Außerdem gewinnt Sachsen-Anhalt ökonomisch immer mehr an Dynamik – insbesondere rund um Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau. Neben den großen Unternehmensansiedlungen wird die mitteldeutsche Region auch für den Tourismus zunehmend interessanter. Geringe Kommunalsteuern, niedrige Baulandpreise und die Nähe zur Hauptstadt Berlin erhöhen die Standortqualität des Bundeslands.
Trotzdem ziehen – wie in Gesamtdeutschland – auch auf dem sachsen-anhaltischen Arbeitsmarkt Gewitterwolken auf: Die Arbeitslosenquote steigt seit einigen Monaten wieder: Im September 2023 sind 7,4 Prozent der Erwerbspersonen arbeitssuchend, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und 0,6 Punkte mehr als 2021. Eine weiter steigende Arbeitslosenquote könnte den Positivtrend der Arbeitszufriedenheit wieder abbremsen.
Familienzufriedenheit wieder auf Vor-Corona-Niveau, Gesundheitszufrie-denheit auf Rekordniveau
Abbildung 4: Die Zufriedenheit der Sachsen-Anhalter mit ihrem Familienleben
Traditionell hatte Sachsen-Anhalt eine überdurchschnittliche Familienzufriedenheit – 2023 erreicht das Bundesland mit 8,08 Punkten sogar wieder das Vor-Corona-Niveau. Dazu trägt insbesondere die Altersstruktur des Bundeslandes bei. Fast 28 Prozent der Bevölkerung sind 65 Jahre oder älter – ältere Personen bewerten ihr Familienleben grundsätzlich besser: Oft hat man sich im hohen Alter mit dem Partner/der Partnerin arrangiert (d.h. es wird sich seltener geschieden), zudem steht in Partnerschaft aufgrund von zunehmenden Alterserscheinungen die gegenseitige Unterstützung im Vordergrund.
Darüber hinaus ist – historisch bedingt – die Kinderbetreuungssituation in Sachsen-Anhalt besser als in vielen westdeutschen Bundesländern. 58 Prozent der 0 bis 2-Jährigen (zu großen Teilen nur stundenweise) und 94 Prozent der 3- bis 5-Jährigen werden in Kitas betreut. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg werden »nur« 30 Prozent der 0- bis 2-Jährigen in Kitas betreut. Das entlastet viele Familien in ihrem Alltag und bietet auch flexiblere Jobmöglichkeiten – ein weiterer Grund für die in Abbildung 3 festgestellte hohe Arbeitszufriedenheit.
Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Sachsen-Anhalter mit ihrer Gesundheit
Überraschenderweise ist die Gesundheitszufriedenheit – trotz des hohen Durchschnittsalter – in Sachsen-Anhalt 2023 auf Rekordniveau: Mit 7,03 Punkten übertrifft die Zufriedenheit mit der eigenen gesundheitlichen Situation sogar den bundesdeutschen Durchschnitt (7,00 Punkte). Das war vor 2023 noch nicht so: Gemäß der Altersstruktur lag das Niveau stets 0,3 bis 0,4 Punkte unterhalb westdeutscher Bundesländer. Womöglich sehen wir hier, dass sich Alter und Gesundheitszufriedenheit entkoppelt haben: Wie wir in unser Sonderstudie »Das Glück des aktiven Rentners« zeigen konnten, sind die heutigen über 65-Jährigen mit denen von vor 20 Jahren kaum mehr zu vergleichen: Sie sind fitter, gesünder und glücklicher.
Stärken | Sachsen- Anhalt |
Deutsch- land |
---|---|---|
Baulandpreisea durchschnittliche Kaufwerte für Bauland in € je m², 2020 |
49,3 | 193,6 |
Erholungsfläche je Einwohnerb in m², 2020 |
237 | 63 |
Ländlichkeitc Anteil der Einwohner in Gemeinden mit einer Bevölkerungsdichte von unter 150 E/km² , 2019 |
48 | 20 |
Investitionen je Beschäftigtend 2021 |
12.500 | 10.000 |
Schwächen | Sachsen- Anhalt |
Deutsch- land |
---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt je Einwohnere in 1.000 € je Einwohner, 2020 |
28.970 | 40.500 |
Durchschnittsalter der Bevölkerungrf in Jahren, 2020 |
47,7 | 44,2 |
Gesamtwanderungssaldof je 1.000 Einwohner, 2020 |
-8,1 | +2,7 |
Erreichbarkeit von Flughäfeng Durchschn. Pkw-Fahrzeit zum nächsten internationalen Flughafen in Minuten, 2021 |
75 | 57 |
a Statistik der Kaufwerte für Bauland des Bundes und der Länder. b Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung des Bundes und der Länder. c Fortschreibung des Bevölkerungsstandes des Bundes und der Länder. d Investitionserhebung des Bundes und der Länder. e Fortschreibung des Bevölkerungsstandes des Bundes und der Länder. f Wanderungsstatistik des Bundes und der Länder. g Erreichbarkeitsmodell des BBSR.