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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

SKL Glücksatlas

Hessen: Das Glück ist zurückgekehrt – zumindest im Norden

Im Jahr 2023 hat sich Hessen zu einer der glücklichsten Regionen Deutschlands ent­wickelt und konnte an seine Position von vor Corona anknüpfen. Vor allem sind die Hessen mit ihrem Einkommen und ihrer Gesundheit äußerst zufrieden. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede innerhalb des Bundeslandes: Der Norden erfreut sich einer noch höheren Lebens­zufriedenheit als der Süden.

Die Lebenszufriedenheit der Hessen ist auf dem besten Weg zum Vor-Corona-Niveau (Abbildung 1). Mit 7,06 Punkten wird seit 2020 wieder erstmals die 7er-Marke geknackt – auch wenn zu den 7,31 Punkten von 2019 noch 0,25 Punkte fehlen. Das Wohlbefinden hat sich darüber hinaus vom gesamtdeutschen Durchschnitt (6,92 Punkte) abgesetzt. In diesem Jahr beträgt der Unterschied zu Gesamtdeutschland 0,14 Punkte, was einer Annäherung an den Wert von 0,17 Punkten aus der Zeit vor der Corona-Pandemie (2019) entspricht. Damit wird Hessen dem Nimbus als »Glücksregion« (zusammen mit Schleswig-Holstein, Bayern, Hamburg und Teilen NRWs) wieder gerecht.

Abbildung 1: Allgemeine Lebenszufriedenheit in Hessen 2015 bis 2023

Hessen hat 2023 wieder die 7er-Marke geknackt und knüpft damit an die hohen Zufriedenheitswerte von vor der Corona-Krise an.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2023.

Einkommenszufriedenheit auf gewohnt hohem Niveau, Arbeitszufriedenheit fällt wieder

Hessen gehört – zusammen mit Bayern und Hamburg – zu den wohlhabendsten Bundesländern Deutschlands. Mit einem jährlichen verfügbaren Einkommen (nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Wohnkosten) von 24.540 Euro liegt es fast 2.000 Euro höher als Gesamtdeutschland (22.810 Euro) – und das, obwohl die Wohnkosten in Hessen ziemlich hoch sind.

Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Haushaltseinkommen

Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Einkommen liegt 2023 auf einem eher geringen Niveau (6,72 Punkte), nachdem sie konstant bis 2020 gestiegen war.

Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haus-haltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Andererseits ist Hessen das ungleichste Flächenland in Bezug auf das Einkommen: Der Gini-Koeffizient weist einen Wert von 0,32 für Hessen auf (je näher der Wert an eins, desto höher die Ungleichheit), während ostdeutsche Flächenländer zwischen 0,25 und 0,28 liegen oder Baden-Württemberg bei 0,29.  Das hat zur Folge, dass etwa jeder sechste Einwohner Hessens – basierend auf dem durchschnittlichen Einkommen in der Region – ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Durchschnittsverdienstes bezieht. In den Gebieten rund um Frankfurt am Main betrifft dies sogar etwa jeden fünften Einwohner. Hier sind die Unterschiede in den Gehältern zwischen den Spitzenverdienern im Finanzsektor und der übrigen Bevölkerung besonders groß. Trotz der Ungleichheit schätzen die Hessen ihre finanzielle Situation überwiegend positiv ein: Mit 6,72 Punkten liegen sie über dem gesamtdeutschen Schnitt von 6,64 Punkten (Abbildung 2). Zudem ist die Einkommenszufriedenheit im Vergleich zu 2022 gestiegen, an die Inflation scheinen sich viele gewöhnt zu haben.

Hessen ist als Wirtschaftsstandort zweigeteilt. Im Norden überwiegen kleinere und mittlere Unternehmen. Im Süden hingegen haben einige Großunternehmen ihren Sitz: So ist Frankfurt am Main das Finanzzentrum Deutschlands, besitzt den größten internationalen Flughafen und ist einer der größten Internetknotenpunkte der Welt. Aber auch in Städten wie Darmstadt, Wiesbaden und Bad Homburg residieren umsatzstarke Unternehmen.

Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Hessen

Nachdem die Arbeitszufriedenheit 2022 in ungeahnte Höhen stieg, sinkt sie 2023 wieder auf 6,92 Punkte. Ob es sich dabei um ein statistisches Artefakt handelt oder sich hier eine neu einsetzende Negativentwicklung ankündigt, wird sich noch zeigen.

Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

2023 ist die Arbeitszufriedenheit der Hessen mit 6,92 Punkten deutlich niedriger im Vergleich zum Vorjahr (7,50 Punkte in 2022) (Abbildung 3). Womöglich hängt dies mit der Furcht vor Jobverlusten zusammen, denn auch in Hessen ist die aufziehende Rezession spürbar.

Die Lebenszufriedenheit in den Regionen Hessens

Die Nordhessen (7,15 Punkte) sind mit ihrem Leben deutlich zufriedener als die Südhessen (6,98 Punkte) (Abbildung 4). Die höhere Lebenszufriedenheit im Norden wird durch regionale Studien zur Lebensqualität untermauert. So liegt der GEWAK-Lebensqualitäts-Index von Schmid und Faik (2022) in den nördlichen Bezirken Kassel und Gießen in den letzten zwei Jahrzehnten dauerhaft über dem des Bezirks Darmstadt mit seinen Städten Frankfurt am Main, Offenbach und Darmstadt.  Das liegt wohl an der höheren Lebensqualität von ländlichen gegenüber städtisch geprägten Kreisen beziehungsweise kreisfreien Städten. Die höchsten errechneten Werte nimmt der Index im Taunus sowie in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg, Schwalm-Eder-Kreis und Vogelsbergkreis ein, die geringsten in Frankfurt am Main, Wiesbaden, Darmstadt, Gießen und Kassel. Kein Wunder: Mittels Strukturgleichungsmodellen schwächen Faktoren wie ein hoher Anteil an Bürgergeld-Empfängern, hohe Kriminalitätsraten sowie Privatschulden die individuelle Lebensqualität – alles Faktoren, die in Hessen in Städten eher vorkommen als in ländlichen Regionen.  Das spiegelt sich auch in unseren Befragungen zur Lebenszufriedenheit wider: Wer in den ländlichen Regionen Hessens lebt, ist mit seinem Leben durchweg zufriedener als Personen aus den Städten. Nordhessen ist nun mal ländlich geprägter, während Südhessen mit seiner »Metropolregion Rhein-Main« deutlich städtischer auftritt.

Abbildung 4: Südhessen ist unzufriedener als Nordhessen

Der Norden ist um 0,17 Punkte zufriedener als der Süden. Gründe dafür finden sich in der höheren Lebensqualität auf dem hessischen Land und der unterschiedlichen Bevölkerungsstruktur.


Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2023.

Familien- und Freizeitzufriedenheit erholen sich wieder

Gemäß unserer durchgeführten ökonometrischen Analyse wird deutlich, dass den Menschen in Hessen die Zufriedenheit mit ihrem Familienleben besonders am Herzen liegt. Mit 7,47 Punkten liegt sie in diesem Jahr auf einem Niveau, das etwa dem Durchschnitt in ganz Deutschland entspricht, ähnlich wie bereits im Jahr 2022. Aufgrund der Relevanz des Familienlebens für viele Hessen taucht in der Frage nach den wichtigsten Problemen im Bundesland weniger die Wirtschaftspolitik (wie z.B. im Saarland), sondern die Bildungspolitik und die Betreuung von Kleinkindern auf.  Das überrascht, denn ausgerechnet Hessen schneidet im Bildungsbereich überdurchschnittlich gut ab: Nur 4,4 Prozent der Schüler verlassen die Schulen ohne Abschluss, im gesamtdeutschen Durchschnitt sind es 6,1 Prozent.

Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrem Familienleben

Hessens Familienzufriedenheit liegt mit 7,47 Punkten »nur« im Durchschnitt. Nach den Corona-Jahren handelt es sich aber auch um eine ordentliche Erholung.

Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Die Zufriedenheit mit dem Familienleben erfuhr in Coronazeiten einen Einbruch auf 6,95 Punkte – von ehemals 7,93 Punkten im Vor-Corona-Jahr 2019 (Abbildung 5). 2023 kann sie sich wieder auf 7,47 Punkte erholen, bleibt aber noch auf halbem Wege zum Vor-Corona-Niveau stecken. Hessen hat einen hohen Anteil an Mehrpersonenhaushalten: 26 Prozent der Haushalte bestehen aus drei oder mehr Personen, in Gesamtdeutschland sind es 23 Prozent. Familien hatten es in der Corona-Krise durch Kita- und Schulschließungen besonders schwer – diese Belastungen stecken vielen Familien bis heute in den Knochen.

Abbildung 6: Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrer Gesundheit

Die Zufriedenheit der Hessen mit ihrer Gesundheit ist seit zwei Jahren überdurchschnittlich.

Anmerkungen: Gesundheitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2023.

Besonders zufrieden sind die Hessen mit ihrer Gesundheit: Diese bewerten sie mit durchschnittlich 7,16 Punkten (Ø Deutschland: 7,00 Punkte) (Abbildung 6). An den klassischen Indikatoren wie der Krankenhausbetten- oder Ärztedichte lässt sich dies aber nicht ablesen. Mit 5,5 Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner stehen weniger als im gesamtdeutschen Durchschnitt (5,8) zur Verfügung. Die Anzahl Ärzte je 10.000 Einwohner ist mit 14,1 sogar besonders gering.

Stärken Hessen Deutsch-
land
Hohes Bruttoinlandsprodukt je Einwohnera
in Euro, 2020
45.377 40.495
Gute Ganztagsbetreuungb
Anteil aller Drei- bis Fünfjährigen in Prozent, 2022
53,4 47,4
Nur wenige Schulabgänger ohne Abschlussc
Anteil ohne Hauptschulabschluss, 2020
4,4 6,1
Viele Beschäftigte in Großbetriebend
in Prozent aller Erwerbstätigen, 2022
»Großbetrieb« > 1.000 Beschäftigte
36,2 33,8
Viele Beschäftigte mit komplexer Tätigkeitd
in Prozent aller Erwerbstätigen, 2021
»komplex«: Studienberufe, Meister, Techniker, Beamte im höheren Dienst
28,5 26,9
Geringe Kriminalitätsquotee
Straftaten je 100.000 Einwohner, 2022
5.855 6.762
Schwächen Hessen Deutsch-
land
Armutsgefährdungsquotef
Anteil derer, die weniger als 60 Prozent des mittleren regionalen Einkommens verdienen, in Prozent, 2022
18,1 16,7
Krankenhausbettendichteg
Betten je 1.000 Einwohner
5,5 5,8

a Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder. b Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Bevölkerungsstatistik. c Statistik der allgemeinbildenden Schulen des Bundes und der Länder. d Bundesagentur für Arbeit. e Polizeiliche Kriminalitätsstatistik. f Mikrozensus 2011. g Krankenhausverzeichnis, Bevölkerungsstatistik.

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