Die objektiven Indikatoren der Sachsen zeigen nach oben. Sollte die Rezession nicht allzu heftig ausfallen, dürfte das Lebensglück in Sachsen wieder stärker zunehmen und das Corona-Tal durchschritten sein.
Sachsen ist eines jener typischen ostdeutschen Länder, das von der Corona-Pandemie zunächst kaum betroffen war und insgesamt unter der Corona-Zeit unterdurchschnittlich gelitten hat. Im Durchschnitt der Jahre 2020/21 gaben die Sachsen auf der Skala zwischen 0 (»ganz und gar nicht zufrieden«) und 10 (»völlig zufrieden«) 6,58 Punkte an und verloren damit im Vergleich zu 2019 0,4 Punkte (Abbildung 1). Gesamtdeutschland büßte mit 0,48 Punkten etwas stärker ein, wenn auch von einem höheren Niveau aus. Sachsen konnte sein Glücksniveau – wie viele andere ostdeutsche Bundesländer – etwas stabiler halten als westdeutsche Bundesländer, weil es einen geringeren Anteil an jungen Menschen und Familien aufweist, deren Alltag von den Corona-Maßnahmen am stärksten erschüttert wurde. Außerdem waren die Maßnahmen in Sachsen – über die vollständige Pandemie gesehen – unterm Strich milder als in anderen Bundesländern. Aktuell belegt Sachsen Rang 10 im Glücksranking. 2019 war es noch Rang 15.
Abbildung 1: Lebenszufriedenheit erholt sich nach der Corona-Pandemie nur leicht
Sachsen kommt 2022 auf 6,68 Punkte und liegt damit 0,18 Punkte unterhalb des gesamtdeutschen Niveaus.
Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2022.
2022 erholt sich die Lebenszufriedenheit der Sachsen auf 6,68 Punkte – ist damit aber noch weit entfernt vom Vor-Corona-Wert von 6,98 Punkten. Die neuen Krisen, wie der Ukraine-Krieg und die Inflation, trüben natürlich auch hier die Stimmung. Russland ist für Sachsen ein wichtiger Handelspartner und die anhaltend hohen Energiepreise könnten eine Phase der Deindustrialisierung einleiten. Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden von den Sachsen deutlich weniger unterstützt als in anderen Bundesländern. Insgesamt dürfte die neue Krisenlage die Erholung der Lebenszufriedenheit nach der Corona-Zeit weiter bremsen.
Einkommenszufriedenheit sinkt, Arbeitszufriedenheit stagniert auf geringem Niveau
Abbildung 2: Die Zufriedenheit der Sachsen mit ihrem Haushaltseinkommen
Inflationsbedingt fiel die Einkommenszufriedenheit 2022 auf 6,04 Punkte. Bis 2019 war sie deutlich angestiegen.
Anmerkungen: Einkommenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«). Haushaltseinkommen: Nettoeinkommen aller Haus-haltsmitglieder nach Steuern und Sozialabgaben, aber plus Transfers wie Wohn- oder Kindergeld.
Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glück-satlas-Datenbank 2021 bis 2022.
Die derzeitige Inflationsdynamik trifft die Einkommenszufriedenheit der Sachsen hart. Mit durchschnittlich 6,04 Punkten liegt die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation 2022 auf einem historischen Tiefpunkt – und weit unterhalb des gesamtdeutschen Niveaus von 6,49 Punkten. Mit Reallohnverlusten von 5,2 Prozent seit 2020 verloren die Sachsen einiges ihres in den 2010er-Jahren hinzugewonnenen Wohlstands.
Trotzdem: Die verfügbaren Einkommen der Sachsen sind nach Brandenburg inzwischen die zweithöchsten Ostdeutschlands. Darüber hinaus hatte Sachsen in den 2010er-Jahren zeitweise Wachstumsraten um die fünf Prozent, manche Wirtschaftszweige erlebten zweistellige Zuwächse. Mit dem höheren Wohlstand nahm auch die Zufriedenheit mit dem Einkommen zu – bis 2019.
Abbildung 3: Arbeitszufriedenheit der Sachsen
Die Arbeitszufriedenheit der Sachsen liegt 2022 deutlich unterhalb des gesamtdeutschen Niveaus. Das entspricht aber nicht der tatsächlichen positiven Entwicklung der Indikatoren. Die Zufriedenheit dürfte in den nächsten Jahren wieder zunehmen.
Anmerkungen: Arbeitszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.
Die Arbeitszufriedenheit in Sachsen war lange Zeit ähnlich hoch wie die Gesamtdeutschlands (Abbildung 3). Erst mit Corona fiel sie mit 6,83 Punkten unter den Bundesschnitt. 2022 liegt sie sogar 0,17 Punkte darunter.
Der schlechte Wert von 2022 passt nicht recht zu den objektiven Indikatoren. Sachsen ist industriell gut aufgestellt: In Zwickau möchte ein Automobilkonzern sein größtes E-Auto-Werk ausbauen, in Dresden entstand in den letzten Jahren das Digitalisierungs-Cluster »Silicon Saxony« und nach wie vor gehört das sächsische Handwerk zu den besten Deutschlands. Für die positive Entwicklung spricht z.B. die sinkende Arbeitslosenquote der letzten zwei Jahrzehnte: 2005 lag sie noch bei horrenden 18,3 Prozent, 2020 waren es nur noch 6,1 Prozent. Sollte sich die Rezession 2022/2023 im Rahmen halten, dürfte die Arbeitszufriedenheit wieder über das gesamtdeutsche Niveau klettern.
Die Lebenszufriedenheit in den Regionen von Sachsen
Wir teilen Sachsen in zwei Regionen auf: Die erste Region umfasst den Osten Sachsens mit der Landeshauptstadt Dresden, der Sächsischen Schweiz, Bautzen und Görlitz (Sachsen-Dresden). Die zweite Region besteht aus dem Leipziger Land, Mittelsachsen, Zwickau, Chemnitz und dem Vogtland (Sachsen-Leipzig). Sachsen-Leipzig ist dabei mit 6,71 Punkten ein wenig glücklicher als Sachsen-Dresden (6,63 Punkte). Das liegt vor allem an der etwas jüngeren Bevölkerung im Westen Sachsens. Gerade in Leipzig und Chemnitz leben überproportional viele 18- bis 44-Jährige – und junge Menschen sind im Durchschnitt deutlich glücklicher.
Abbildung 4: Westsachsen versus Ostsachsen

Die Menschen in der Region Sachsen-Leipzig sind etwas glücklicher als diejenigen aus Sachsen-Dresden – vor allem, weil die Bevölkerung in Leipzig und Chemnitz jünger ist.
Anmerkungen: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2022.
Familien- und Freizeitzufriedenheit erholen sich wieder
Die Familienzufriedenheit litt in Sachsen ähnlich unter der Corona-Pandemie wie in anderen Teilen Deutschlands. Mit 7,03 Punkten lag sie 2021 0,14 Punkte unterhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts. Das liegt an einem hohen Anteil Alleinlebender. Die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt in Sachsen bei 1,88 – mehr als ein Drittel der Sachsen lebt alleine. Zum Vergleich: In Rheinland-Pfalz leben im Durchschnitt 2,09 Personen in einem Haushalt. In der Corona-Pandemie war das Leben aber gerade für Alleinlebende schwer. Aus der Glücksforschung ist bekannt, dass neben einer schlechten Gesundheit und einem geringen Einkommen als dritter großer Faktor soziale Isolation zu großer Unzufriedenheit führt. 2022 kann sich die Zufriedenheit mit der Familiensituation in Sachsen auf 7,25 Punkte erholen.
Abbildung 5: Die Zufriedenheit der Sachsen mit ihrem Familienleben
Sachsen hat einen hohen Anteil Alleinlebender – das senkt die Familienzufriedenheit. 2022 konnte diese sich aber wieder etwas erholen.
Anmerkungen: Familienzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.
Die Freizeitzufriedenheit ist während Corona in Sachsen stark gefallen – von 7,06 auf 5,34 Punkte. Das ist etwas milder als in Gesamtdeutschland (von 7,21 auf 5,00 Punkte). 2022 erholt sich die Freizeitzufriedenheit wieder, in Sachsen sind es heute durchschnittlich 6,55 Punkte. Das dürfte u.a. an den (über die gesamte Corona-Zeit hinweg) schwächeren Corona-Maßnahmen liegen. Freizeitaktivitäten waren in ostdeutschen Bundesländern längere Zeit möglich und weniger Einschränkungen unterworfen als in vielen westdeutschen Bundesländern.
Abbildung 6: Die Zufriedenheit der Sachsen mit ihrer Freizeit
Sachsens Freizeitzufriedenheit schwankt weniger als in anderen Bundesländern.
Anmerkungen: Freizeitzufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2020, Glücksatlas-Datenbank 2021 bis 2022.
Stärken
Heben die Lebenszufriedenheit
- Starke wirtschaftliche Dynamik
- Positive Entwicklung der großen Städte, Zuzug junger Menschen
- Rückkehr gut ausgebildeter Sachsen, Binnenmigration zurück in die eigene »Heimat«
Schwächen
Senken die Lebenszufriedenheit
- Großer Anteil Alleinlebender, soziale Isolation weit verbreitet
- Teilweise fehlende soziale Verbundenheit, Skepsis gegenüber politischen Instanzen